Bedingung und Zeitbestimmung (§§ 158 - 162 BGB)

Bedingung und Zeitbestimmung (§§ 158 - 162 BGB)

Die Parteien können Eintritt und Ende der Wirkungen ihres Rechtsgeschäfts von einem zukünftigen ungewissen Ereignis oder von einem festen Anfangs- oder Endtermin abhängig machen. Im ersten Fall stellen sie das Rechtsgeschäft unter eine Bedingung (§§ 158 – 162 BGB), im zweiten Fall liegt eine Zeitbestimmung oder Befristung (§ 163 BGB) vor.1

Bedingung

Charakteristisch für eine Bedingung i.S.v. §§ 158 ff. BGB ist, dass bestimmte Rechtsfolgen erst durch den Eintritt eines zukünftigen Ereignisses ausgelöst werden, dessen Eintritt objektiv ungewiss ist.2 § 158 BGB unterscheidet zwischen der aufschiebenden und der auflösenden Bedingung. Bei einer aufschiebenden Bedingung treten die Rechtsfolgen erst mit Eintritt des Ereignisses ein (§ 158 I BGB). Bis zum Bedingungseintritt ist das Geschäft schwebend unwirksam.3 Deshalb zählt der Nichteintritt einer aufschiebenden Bedingung auch zu den rechtshindernden Einwendungen. Tritt die Bedingung ein, ändert sich die Rechtslage automatisch (ipso iure), und mit Wirkung für die Zukunft (ex nunc).4 Steht fest, dass die Bedingung nicht mehr verwirklicht werden kann, ist das Rechtsgeschäft endgültig gescheitert.

Wichtiges Beispiel für eine aufschiebende Bedingung ist der Kauf unter Eigentumsvorbehalt (§§ 433, 449 BGB). Der Kaufvertrag, also der schuldrechtliche Verpflichtungsvertrag, ist unbedingt. Es wird jedoch vereinbart, dass das Eigentum am Kaufgegenstand er dann auf den Käufer übergeht, wenn dieser den Kaufpreis vollständig gezahlt hat. Das dingliche Verfügungsgeschäft gemäß § 929 BGB steht also unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung.

Eine auflösende Bedingung liegt demgegenüber vor, wenn die Rechtswirkungen zunächst bestehen und erst später mit dem Eintritt des Ereignisses wieder wegfallen (§ 158 II BGB).5 In einem solchen Fall ist der Eintritt der Bedingung eine rechtsvernichtende Einwendung. Mit Eintritt der Bedingung entfallen die Rechtswirkungen für die Zukunft (ex nunc).6 Kann die auflösende Bedingung nicht mehr eintreten, bleibt das Rechtsgeschäft auf Dauer wirksam.

Beispiel: Zuwiderhandeln des Bedachten bei vorheriger Vereinbarung einer sog. Verwirkungsklausel.7

Gehen die Parteien nur subjektiv davon aus, der Eintritt eines Ereignisses sei ungewiss, obwohl objektiv schon feststeht, dass es eintritt oder ausfällt, spricht man von einer unechten Bedingung bzw. einer Scheinbedingung.8 Entspricht die Interessenlage im Einzelfall derjenigen bei einer echten Bedingung, gelten die §§ 158 ff. BGB analog.9

Ist der Eintritt einer Rechtsfolge schon kraft Gesetzes und nicht erst kraft rechtsgeschäftlicher Vereinbarung vom Eintritt eines bestimmten Ereignisses abhängig, handelt es sich um eine Rechtsbedingung. Auf diese finden die §§ 158 ff. BGB keine Anwendung.10

Beispiel: Schließt ein Minderjähriger einen Vertrag ohne die nach § 107 BGB erforderliche Einwilligung (vgl. § 183 BGB) seines gesetzlichen Vertreters – dies sind i.d.R. die Eltern (§§ 1626 I 1, 1629 I 1 BGB) ab, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags von der Genehmigung des Vertreters ab (§ 108 I BGB). Die Genehmigung ist eine Rechtsbedingung.

Ist die mit einer Bedingung einhergehende Rechtsunsicherheit nicht hinnehmbar, kann eine Willenserklärung bzw. ein Rechtsgeschäft ausnahmsweise nicht unter eine Bedingung gestellt werden.11 Dies kann gesetzlich angeordnet sein (z. B. §§ 388 S. 2, 925 II, 1311 S. 2, 1594 III, 1750 II 1, 1947 BGB) oder auf dem Wesen des Rechtsgeschäfts beruhen. Letzteres ist insbesondere bei Gestaltungsrechten (z. B. Aufrechnung12 , Anfechtung, Rücktritt, Widerruf, Kündigung) der Fall, die zum Schutze des Empfängers bedingungsfeindlich sind.

Etwas anderes gilt aber dann, wenn der Empfänger auf den Schutz verzichtet oder wenn der Bedingungseintritt allein in sein Belieben gestellt ist (sog. Potestativbedingung). Dann besteht kein Zustand der Rechtsunsicherheit, vor dem der Empfänger geschützt werden müsste. Potestativbedingungen sind zulässig.13 Wird demgegenüber die Geltung des Rechtsgeschäfts selbst in das demnächst kundzugebende freie Belieben einer Partei gestellt (Wollensbedingung), liegt mangels Bindungswillens noch überhaupt keine rechtsgeschäftliche Erklärung vor.14

Schutz des bedingt Berechtigten

Der bedingt Berechtigte wird im Falle einer aufschiebenden Bedingung erst mit Bedingungseintritt ipso iure zum Rechtsinhaber wird. Bereits zuvor hat er jedoch eine gesicherte Rechtsposition erlangt, die man als Anwartschaftsrecht bezeichnet.15

Ein Anwartschaftsrecht liegt vor, wenn von dem mehraktigen Entstehungstatbestand eines Rechtes schon so viele Erfordernisse erfüllt sind, dass von einer gesicherten Rechtsposition des Erwerbers gesprochen werden kann, die der andere an der Entstehung des Rechtes Beteiligte nicht mehr einseitig zu zerstören vermag.

Bis zum Eintritt bzw. Ausfall der Bedingung besteht ein Schwebezustand. In dieser Phase wird der bedingt Berechtigte durch die §§ 160, 161 BGB geschützt.15 § 161 BGB enthält ein absolutes Verfügungsverbot. Derjenige, der einen Gegenstand unter einer aufschiebenden Bedingung (z. B. der vollständigen Zahlung des Kaufpreises) erwirbt, wird erst mit dem Eintritt dieser Bedingung dinglich Berechtigter. Bis zum Eintritt der Bedingung bleibt der Veräußerer Rechtsinhaber und also solcher verfügungsbefugt. Er kann den Gegenstand wirksam auf Dritte übertragen. Um den bedingt Berechtigten vor solchen Zwischenverfügungen des Noch-Berechtigten zu schützen, ordnet § 161 I 1 BGB an, dass derartige Zwischenverfügungen unwirksam sind, soweit sie die von der Bedingung abhängige Wirkung vereiteln oder beeinträchtigen würden. Mit Bedingungseintritt werden Zwischenverfügungen gegenüber jedermann unwirksam.

War der Dritte, zu dessen Gunsten der Noch-Berechtigte während der Schwebezeit erneut verfügt hat, in gutem Glauben hinsichtlich der bedingten Verfügung, kommt jedoch ein gutgläubiger Erwerb gemäß § 161 III BGB i.V.m. §§ 892 f. BGB bzw. §§ 932 ff. BGB in Betracht; dann ist die Zwischenverfügung endgültig wirksam. Beispiel: V verkauft und übereignet dem K unter Eigentumsvorbehalt (§§ 433, 449; 929 S. 1, 158 I BGB) ein Fahrrad und verkauft und übereignet es anschließend an den D. Mit Zahlung der letzten Kaufpreisrate wird K Eigentümer und die Zwischenverfügung an D wird endgültig unwirksam (§ 161 I 1 BGB), sofern D von dem vorherigen Vorbehaltskauf nichts wusste und auch nicht grob fahrlässig unwissend war (§§ 161 III, 932 I 1, II BGB).

Denselben Schutz ordnet § 161 II BGB für den Fall einer auflösend bedingten Verfügung an. Mit Bedingungseintritt ist die Zwischenverfügung unwirksam.

Beispiel: Der Vater (S) übereignet seiner 18-järhigen Tochter (T) eine wertvolle Halskette, vereinbart jedoch mit T, dass diese Übereignung unter der auflösenden Bedingung des Nichtbestehens des Abiturs durch T steht. T übereignet die Kette an die D und bricht die Schule vor Bestehen des Abiturs endgültig ab. Die Zwischenverfügung der T an D, die den Rückerwerb des V vereiteln könnte, ist mit dem endgültigen Abbruch der Schullaufbahn durch T – dies steht dem Eintritt der auflösenden Bedingung des Nichtbestehens des Abiturs gleich – gemäß § 161 II BGB endgültig unwirksam, sofern D nicht hinsichtlich der auflösend bedingten Eigentumsübertragung durch V auf T gutgläubig gewesen ist (§ 161 III i.V.m. § 932 I 1, II BGB).

§ 161 BGB gilt nur für „Verfügungen während der Schwebezeit“. Verfügungen sind Rechtsgeschäfte, die durch Aufhebung, Übertragung, Belastung oder Inhaltsänderung unmittelbar auf ein bestehendes (schuldrechtliches oder dingliches) Recht einwirken.16

Beispiel: Durch den Abtretungsvertrag (§ 398 S. 1 BGB), ein dingliches Verfügungsgeschäft, geht die abgetretene Forderung vom alten Gläubiger (Zedent) auf den neuen Gläubiger (Zessionar) über (§ 398 S. 2 BGB). Die dingliche Einigung i.S.v. § 929 S. 1 BGB führt – zusammen mit der dort ebenfalls vorgesehenen Übergabe – zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache durch den Veräußerer auf den Erwerber. Auch einseitige Rechtsgeschäfte können eine Verfügung sein, beispielsweise die Aufgabe des Eigentums (§ 959 BGB, Dereliktion), die neben der Besitzaufgabe (= Realakt) einen Verzichtswillen des Eigentümers (= einseitiges Rechtsgeschäft i.S. einer Verfügung) voraussetzt.

Erfolgt die Beeinträchtigung während der Schwebezeit nicht durch eine (Zwischen-)Verfügung, steht dem bedingt Berechtigten ein Schadensersatzanspruch gegen den anderen Teil gemäß § 160 BGB zu, wenn diesen ein Verschulden (§ 276 BGB) an der Beeinträchtigung oder Vereitelung des von der Bedingung abhängigen Rechts trifft.17 Ab Vornahme des unter die aufschiebende oder auflösende Bedingung gestellten Rechtsgeschäfts besteht zwischen den Parteien ein Schuldverhältnis, dass diese während der Schwebezeit zu gegenseitiger Rücksichtnahme verpflichtet. Der Anspruch aus § 160 BGB besteht allerdings nur dann, wenn die Bedingung auch tatsächlich eintritt (vgl. § 161 I BGB: „im Falle des Eintritts der Bedingung“).

Beispiel: V verkauft K sein Fahrrad im Wert von 1.000 € zu einem Kaufpreis von 700 € unter der Bedingung, dass er eine Woche später zu seinem Geburtstag ein neues Fahrrad geschenkt bekommt. Zerstört der V das (alte) Fahrrad vor seinem Geburtstag schuldhaft (vgl. § 276 BGB), kann K von V aus § 160 BGB Schadensersatz i. H. v. 300 € verlangen und muss den vereinbarten Kaufpreis von 700 € nicht zahlen.

Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben (§ 242 BGB) verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten (§ 162 I BGB).

Beispiel: Lehnt der Vorbehaltsverkäufer die ihm vom Käufer angebotene Zahlung der letzten Kaufpreisrate ab, so wird der Käufer gleichwohl Eigentümer der Kaufsache.18

Befristung

Hängt der Eintritt der Rechtsfolgen von einem zukünftigen Ereignis ab, dessen Eintritt objektiv gewiss ist, liegt eine Befristung vor.19 Ausreichend ist, dass sicher feststeht, dass das Ereignis eintritt; wann dies der Fall ist, ist unerheblich.

Beispiel: Der Tod ist ein gewisses Ereignis, da jeder Mensch irgendwann stirbt. Nur der Zeitpunkt des Todes ist ungewiss.

Ist das Ereignis ein bestimmtes Datum, liegt ein Anfangs- oder Endtermin vor. Nach § 163 BGB finden auf derart befristete Geschäfte die für die aufschiebende bzw. auflösende Bedingung geltenden Vorschriften der §§ 158, 160, 161 BGB entsprechende Anwendung. Obwohl § 163 BGB nicht auf § 159 BGB verweist, können die Parteien auch eine schuldrechtliche Rückbeziehung der Rechtsfolgen vereinbaren.


  1. Hk-BGB/Dörner, 10. Aufl. 2019, Vor § 158 Rn. 1.
  2. Bitter/Röder, BGB AT, 4. Aufl. 2018, § 8 Rn. 1.
  3. Bitter/Röder, BGB AT, 4. Aufl. 2018, § 8 Rn. 3.
  4. Dies folgt zum einen aus dem Wortlaut des § 158 I BGB („mit dem Eintritt der Bedingung“) und zum anderen aus § 159 BGB, der eine ex nunc-Wirkung voraussetzt und die schuldrechtliche Vereinbarung der Rückbeziehung der Wirkungen auf einen früheren Zeitpunkt zulässt (Bitter/Röder, BGB AT, 4. Aufl. 2018, § 8 Rn. 10). Im Falle einer Vereinbarung nach § 159 BGB müssen die Beteiligten einander so stellen, wie sie bei rückwirkendem Eintritt der bedingten Rechtsfolge stehen würden; Anspruchsgrundlage ist das bedingte Rechtsgeschäft selbst (Hk-BGB/Dörner, 10. Aufl. 2019, § 159 Rn. 1).
  5. Bitter/Röder, BGB AT, 4. Aufl. 2018, § 8 Rn. 4.
  6. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 158 II BGB („mit dem Eintritt der Bedingung“) und aus § 159 BGB (Hk-BGB/Dörner, 10. Aufl. 2019, § 158 Rn. 9).
  7. BGH, Urt. v. 24.06.2009 – IV ZR 202/07, Rn. 17.
  8. Bitter/Röder, BGB AT, 4. Aufl. 2018, § 8 Rn. 5 („unechte Bedingung“); Hk-BGB/Dörner, 10. Aufl. 2019, § 158 Rn. 2 („Scheinbedingung“).
  9. Bitter/Röder, BGB AT, 4. Aufl. 2018, § 8 Rn. 5; Brox/Walker, BGB AT, 42. Aufl. 2018, Rn. 481; a. A. Hk-BGB/Dörner, 10. Aufl. 2019, § 158 Rn. 2.
  10. Bitter/Röder, BGB AT, 5. Aufl. 2020, § 8 Rn. 6.
  11. Hier und zum Folgenden: Bitter/Röder, BGB AT, 5. Aufl. 2020, § 8 Rn. 7 f.
  12. Für die Aufrechnung ist dies in § 388 S. 2 BGB klargestellt. Zulässig ist aber die Eventualaufrechnung im Zivilprozess, bei der die Aufrechnung des Beklagten mit seiner Gegenforderung unter die innerprozessuale Bedingung der Begründetheit der Klageforderung (= Hauptforderung) gestellt wird.
  13. BGH, Urt. v. 24.06.2009 – IV ZR 202/07, Rn. 17.
  14. BGH, Urt. v. 30.04.1982 – V ZR 104/81, NJW 1982, 1639, 1640.
  15. Hier und zum Folgenden: Hk-BGB/Dörner, 11. Aufl. 2022, § 158 Rn. 10.
  16. Hk-BGB/Schulte-Nölke, 11. Aufl. 2022, Vor §§ 854 – 1296 Rn. 7.
  17. Hier und zum Folgenden: Bitter/Röder, BGB AT, 5. Aufl. 2020, § 8 Rn. 24 f.
  18. Siehe hierzu den Fall: „Rücktritt wegen verspäteter Zahlung“.
  19. Hier und zum Folgenden: Bitter/Röder, BGB AT, 5. Aufl. 2020, § 8 Rn. 26 – 30.