Aufbau eines Urteils

Überblick - Aufbau eines Urteils

In diesem Exkurs wird der Aufbau eines Urteils behandelt. Der Aufbau des Urteils ist formal vorgegeben durch die §§ 313 ff. ZPO.

I. Rubrum

Links oben in der Ecke steht die Bezeichnung des Gerichts. Beispiel: Landgericht Hamburg. Darunter wird das betreffende Aktenzeichen linksbündig notiert. Mittig befindet sich die Überschrift „Im Namen des Volkes!“ sowie darunter der Begriff „Urteil“. Hieran schließt sich das Rubrum an, das regelmäßig linksbündig mit der Einleitung „In dem Rechtsstreit“ beginnt. Es folgt die Bezeichnung des Klägers. Formulierungsbeispiel: „des (Berufsbezeichnung/Unternehmensbezeichnung inklusive entsprechender Vertretung) vollständiger Name, ladungsfähige Anschrift“. Eine Zeile tiefer wird ihm rechtsbündig die Bezeichnung „- Kläger -“ zugeordnet. Gibt es einen Prozessbevollmächtigten, ist dieser sodann zu nennen. Formulierungsbeispiel: „Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Name, vollständige Anschrift“. Darunter wird das Wort „gegen“ eingeführt, an welches sich die Nennung des Beklagten anschließt. Formulierungsbeispiel: (Berufsbezeichnung/Unternehmensbezeichnung inklusive entsprechender Vertretung), vollständiger Name, ladungsfähige Anschrift“. Auch der Beklagte wird als solcher gekennzeichnet („- Beklagter -“). Sodann wird der entsprechende Prozessbevollmächtigte mit  Name und Anschrift genannt. Hierauf folgt der sogenannte Überleitungssatz: „hat das (Gerichtsbezeichnung), gegebenenfalls mit Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom (Datum) durch (Bezeichnung des/der Richter) für Recht erkannt:“. Dies ist die Überleitung zum Tenor.

II. Tenor

Der Tenor gliedert sich in Hauptsachetenor, Kostentenor und der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit. Alle drei Teile des Tenors sind römisch oder arabisch durchzunummerieren. Beispiel für den Hauptsachetenor: „I. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.000 Euro zu zahlen.“ Beispiel für den Kostentenor: „II. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.“ Beispiel für den Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit: „III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.“

III. Tatbestand

Auf den Tenor folgt der Tatbestand. Dieser wird linksbündig mit dem Wort „Tatbestand“ überschrieben. Im Tatbestand wird für den Leser der Sachverhalt geschildert. Der Tatbestand beginnt mit dem Einleitungssatz, der im Präsens formuliert wird. Es geht mithin darum, den Leser mit einem einleitenden Satz in den Sachverhalt einzuführen. Beispiel: „Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus einer fehlerhaften Arztbehandlung.“ hierauf folgt der unstreitige Sachverhalt. Dies sind Tatsachen, die sachverhaltlich von den Parteien nicht bestritten werden. Der unstreitige Sachverhalt wird im Imperfekt dargestellt, sofern die Tatsachen nicht bis in die Gegenwart fortdauern. Dann ist richtiges Tempus das Präsens. Beispiel: „Der Kläger fuhr am 10.12 die Bundesstraße B75 entlang, als plötzlich ein Reh aus der Hecke sprang.“ An den unstreitigen Sachverhalt schließt sich der streitige Klägervortrag an. Hierbei geht es um das, was zwischen den Parteien streitig ist und was der Kläger für sich behauptet. Dort beginnt die Einleitung im Präsens mit „Der Kläger behauptet,“. Der restliche Vortrag schließt sich in indirekter Rede an. Beispiel: „Der Kläger behauptet, er sei daraufhin nach links ausgewichen.“ Nach dem streitigen Klägervortrag ist gegebenenfalls eine antragsgegebene Prozessgeschichte aufzunehmen, sofern es dazu Veranlassung gibt. Hierauf wird in einem gesonderten Exkurs näher eingegangen. Grundsätzlich wird eine solche antragsbezogene Prozessgeschichte immer dann eingefügt, wenn sie für das Verständnis des Antrags erforderlich ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ursprünglich ein anderer Antrag gestellt wurde. Die antragsbezogene Prozessgeschichte wird im perfekt geschildert. Das Signalwort lautet insofern „hat“. Beispiel: „ Der Kläger hat ursprünglich beantragt, den Beklagten zu verurteilen, 4.000 Euro zu zahlen. Nunmehr beantragt er nur noch, den Beklagten zu verurteilen (...)“ Die aktuellen Anträge werden sodann im Präsens formuliert. Der Klägerantrag wird wie folgt eingeleitet: „Der Kläger beantragt, (…).“ Nach der Einleitung wird der Antrag eingerückt. Das Gleiche gilt für den Beklagtenantrag. Auf die Anträge folgt der streitige Beklagtenvortrag. Beispiel: „Der Beklagte behauptet, er habe unmittelbar gebremst.“ Auch die Wiedergabe des Beklagtenvortrags erfolgt in indirekter Rede, während die Einleitung im Präsens Indikativ dargestellt wird. Der Tatbestand endet mit der großen Prozessgeschichte. Diese wird im Perfekt formuliert. Dort wird beispielsweise über stattgefundene Beweisaufnahmen berichtet. Beispiel: „Das Gericht hat Beweis erhoben zu der Frage (...) durch Vernehmung der Zeugen (Namentliche Aufzählung der Zeugen). Hinsichtlich des Beweisergebnisses wird verwiesen auf das Sitzungsprotokoll vom (Datum).“ Eine detaillierte Darstellung der Inhalte der großen Prozessgeschichte erfolgt in einem gesonderten Exkurs.

IV. Entscheidungsgründe

An den Tatbestand schließen sich die Entscheidungsgründe an, welche auch mit „Entscheidungsgründe“ überschrieben werden. Die Entscheidungsgründe werden im Urteilsstil verfasst. Das bedeutet, dass das Gesamtergebnis voran gestellt wird. Beispiel: „Die Klage ist zulässig und begründet.“ Gegebenenfalls erfolgt dann die Erörterung der Zulässigkeit. Dies ist immer dann erforderlich, wenn die Zulässigkeit Probleme aufweist. Darauf folgt die Erörterung der Begründetheit. Auch dies erfolgt im Urteilsstil. Auf die Begründetheit folgen die Nebenentscheidungen (Kostenentscheidung und vorläufige Vollstreckbarkeit). Die Nebenentscheidungen werden regelmäßig nur mit einem Satz begründet. Beispiel: „Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO und der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 1 ZPO.“ Es kann zudem vorkommen, dass die Nebenentscheidungen umfassender zu begründen sind, beispielsweise im Fall des § 91a ZPO. Gegebenenfalls hat daraufhin eine Streitwertfestsetzung zu erfolgen. Beispiel: Der Streitwert wird festgesetzt auf 4.000 Euro, § 45 III GKG.“ Die Details hierzu werden in einem gesonderten Exkurs erläutert. Das Urteil wird durch die Unterschrift des Richters bzw. der mitwirkenden Richter formal abgeschlossen. Neuerdings ist auch eine Rechtsmittelbelehrung erforderlich. Diese muss jedoch nicht ausformuliert werden. Es genügt folgende Formulierung: „Rechtsmittelbelehrung: Berufung, §§ 511 ff. ZPO.“

 

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