Anhörung, § 28 VwVfG

Aufbau der Prüfung - Anhörung, § 28 VwVfG

Die Anhörung ist Teil der Verfahrensvorschriften bei Erlass eines belastenden Verwaltungsaktes. Die Anhörung wird im Rahmen der formellen Rechtmäßigkeit geprüft und ist in § 28 VwVfG geregelt. Bevor ein belastender Verwaltungsakt erlassen wird, muss der Adressat angehört werden. 

I. Erforderlichkeit

Die grundsätzliche Erforderlichkeit einer Anhörung folgt aus § 28 I VwVfG Beispiel 1: A wird Adressat einer Abrissverfügung. Diese Abrissverfügung ist ein Verwaltungsakt i.S.d. § 35 VwVfG. Da die Abrissverfügung darüber hinaus auch einen belastenden Verwaltungsakt darstellt, hat eine Anhörung des A vor deren Erlass zu erfolgen. Beispiel 2: A stellt sich auf den Rathausmarkt und hält ein Schild mit der Aufschrift hoch „Jesus liebt auch Dich“. Sodann kommt ein Polizist des Weges und fordert A auf, das Schild herunter zu nehmen. A begreift das Hochhalten des Schildes jedoch als einen Akt tiefster Religiosität. Daher zückt der Polizist einen Knüppel und knüppelt den A vom Rathausplatz. Fraglich ist, ob vor dem Knüppeln eine Anhörung des A zu erfolgen hat. Eine Anhörung ist im Falle der Aufforderung, das Schild herunter zu nehmen, erforderlich, da dies ein belastender Verwaltungsakt ist. Das Knüppeln stellt hingegen eine Vollstreckungsmaßnahme dar. Nach herrschender Meinung ist dies ein Realakt, sodass eine Anhörung nicht erfolgen muss. Beispiel 3: A bekommt ein Stipendium bewilligt. Dies ist ein begünstigender Verwaltungsakt, sodass eine Anhörung unterbleiben kann. 

II. Entbehrlichkeit, § 28 II VwVfG

Die Entbehrlichkeit der Anhörung ist in § 28 II VwVfG geregelt. Beispielsfall: A versammelt sich mit vielen Freunden, um zu demonstrieren. Daraufhin ergeht eine Versammlungsauflösung. Diese ist ein belastender Verwaltungsakt in Gestalt einer Allgemeinverfügung, da sie einen bestimmten bzw. bestimmbaren Personenkreis betrifft. Grundsätzlich wäre eine Anhörung somit erforderlich. Dies würde jedoch bedeuten, dass jedem einzelnen Teilnehmer der Versammlung eine Anhörung ermöglicht werden müsste. Aus diesem Grund sieht § 28 II Nr. 4 VwVfG in einem solchen Fall der Allgemeinverfügung vor, dass auf die Anhörung verzichtet werden kann. Gleiches gilt für Vollstreckungsmaßnahmen, vgl. § 28 II Nr. 5 VwVfG. Erblickt man in einer Vollstreckungsmaßnahme nicht nur einen Realakt, sondern auch einen konkludenten Duldungsverwaltungsakt, entfiele das Erfordernis einer Anhörung zumindest nach § 28 II Nr. 5 VwVfG. 

III. Heilung, § 45 I Nr. 3, II VwVfG

Liegt ein belastender Verwaltungsakt vor, ist eine Anhörung jedoch nicht erfolgt und ist diese auch nicht entbehrlich, besteht die Möglichkeit einer Heilung dieses Verfahrensfehlers gemäß § 45 I Nr. 3, II VwVfG. Auch nach Erlass des Verwaltungsaktes kann dem Bürger die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden, sodass Heilung eintritt. Die Anhörung kann bis zum Abschluss der letzten mündlichen Verhandlung im Gerichtsverfahren nachgeholt werden. In der Regel tritt Heilung bereits mit Durchführung des Widerspruchsverfahrens ein. Legt der Bürger Widerspruch ein, trägt er hiermit seine Einwendungen vor. Sinn und Zweck der Anhörung ist es gerade, dem Bürger Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Mit Einlegung des Widerspruchs wird nachträglich der Zweck der Anhörung erreicht. Denn es ergibt keinen Sinn, wenn ein an sich rechtmäßiger Verwaltungsakt vorliegt, eine mangelnde Anhörung irreparabel sein zu lassen. Hört die Behörde jedoch nicht an, wird oft ein ermessensfehlerhafter Verwaltungsakt vorliegen. Dieser Fehler kann hingegen nicht geheilt werden. Im Übrigen wird die Behörde, wenn nicht bereits aus Respekt vor der Rechtsordnung, aus Respekt vor den Nebenfolgen, eine Anhörung vornehmen. Denn unterbleibt die Anhörung, trägt die Behörde stets die Kosten des Widerspruchsverfahrens, § 80 I 2 VwVfG.
 

 

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