Ablauf des erstinstanzlichen Verfahrens

Exkurs ZPO I 3: Ablauf des erstinstanzlichen Klageverfahrens

Das erstinstanzliche Verfahren beginnt mit dem Eingang der Klageschrift bei Gericht. Die Klage wird anhängig. Innerhalb des Gerichts wird die Klage an den nach dem Geschäftsverteilungsplan zuständigen Spruchkörper – Abteilung oder Zivilkammer – weitergeleitet, innerhalb einer Kammer an den nach der internen Geschäftsverteilung zuständigen Richter.1

Vorprüfungen

Nach § 271 Abs. 1 ZPO soll die Klage unverzüglich zugestellt werden. Bevor das Gericht die Zustellung veranlasst, prüft es, ob die Voraussetzungen einer Zustellung vorliegen, ob Hinweise erteilt werden müssen und wie das weitere Verfahren am sinnvollsten gestaltet werden kann.

  • Gerichtskostenvorschuss

Das Gericht prüft zunächst, ob der Kläger den Gerichtskostenvorschuss eingezahlt hat. § 12 Abs. 1 GKG bestimmt nämlich, dass die Klage erst nach Eingang der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen zugestellt werden soll. Für ein erstinstanzliches Verfahren wird eine 3,0-Gebühr fällig (Nr. 1210 KV GKG). Die Höhe einer Gebühr ist vom Streitwert abhängig (Anl. 2 zum GKG). Ggf. muss das Gericht den Streitwert festsetzen und den Kläger auffordern, den Kostenvorschuss einzuzahlen.

  • Exkurs: Prozesskostenhilfe

Kann sich der Kläger den Vorschuss nicht leisten, hat er die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe zu beantragen (§ 117 Abs. 1 ZPO). Dies kann er auch beim Landgericht persönlich tun, also ohne Rechtsanwalt (§§ 117 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2, 78 Abs. 3 ZPO). Gleichzeitig muss er eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse einreichen, auf deren Grundlage das Gericht entscheiden kann, ob er tatsächlich bedürftig ist (§ 117 Abs. 2 ZPO). Die Einzelheiten ergeben sich aus §§ 115, 116 ZPO. Darüber hinaus prüft das Gericht, ob die Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 114 ZPO). Liegen alle Voraussetzungen vor, bewilligt das Gericht Prozesskostenhilfe durch Beschluss (§§ 127 Abs. 1 Satz 1, 128 Abs. 4 ZPO). Die Bewilligung kann den Kläger vollständig oder teilweise von der Vorschusspflicht befreien oder ihm Ratenzahlung ermöglichen (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Zugleich kann es dem Kläger auf Antrag auch einen Rechtsanwalt beiordnen (§ 121 Abs. 1, 2 ZPO). Liegen die Bewilligungsvoraussetzungen nicht vor, lehnt das Gericht den Antrag ab. Hiergegen kann der Kläger grundsätzlich sofortige Beschwerde einlegen (§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO).

  • Ordnungsgemäße Klageerhebung

Das Gericht prüft, ob der Kläger die Klage ordnungsgemäß erhoben hat.

  • Unterschrift

Die Klageschrift muss von einer postulationsfähigen Person unterschrieben sein (§§ 130 Nr. 6, 253 Abs. 4 ZPO). Postulationsfähigkeit ist die Fähigkeit, in einem Prozess selbst auftreten zu können. Vor dem Landgericht sind die Parteien nicht postulationsfähig, sondern müssen sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen (§ 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Eine nicht unterschriebene Klage wird nicht zugestellt, sondern zunächst an den Kläger zurückgereicht

  • Bestimmbarkeit des Beklagten

Aus der Klageschrift muss sich hinreichend ergeben, wer Beklagter sein soll.

  • Zustellungsfähige Anschrift des Beklagten

Außerdem muss der Kläger eine Anschrift angegeben haben, unter der dem Beklagten die Klageschrift zugestellt werden kann. Fehlt diese, ermittelt das Gericht nicht von Amts wegen, sondern fordert den Kläger auf, die Anschrift nachzureichen.

Sonstige Mängel der Klageschrift hindern die Zustellung nicht und können auf richterlichen Hinweis (§ 139 Abs. 3 ZPO) behoben werden. Dies gilt insbesondere für die bestimmten Angaben zum Streitgegenstand (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Rechtshängigkeit der Klage

Liegen alle Voraussetzungen vor, veranlasst das Gericht die Zustellung der Klage. Mit Eingang der Klage beim Beklagten wird die Sache rechtshängig. Die Klage gilt jetzt als erhoben (§ 253 Abs. 1 ZPO).

Die Rechtshängigkeit hat materiell-rechtliche und prozessuale Folgen.

  • materiell-rechtliche Folgen

  • Mit der Erhebung einer Leistungs- oder Feststellungsklage wird die Verjährung des geltend gemachten Anspruchs gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Während der Dauer der Hemmung läuft die Verjährungsfrist nicht weiter (§ 209 BGB). Die Hemmung endet vor allem mit der rechtskräftigen Entscheidung über die Klage (§ 204 Abs. 2 BGB).

Da die Klage erst mit der Zustellung an den Beklagten als erhoben gilt (§ 253 Abs. 1 ZPO), besteht für den Kläger die Gefahr, dass die Zustellung zu spät erfolgt. Vorsorglich müsste er also weit vor dem Ablauf der Verjährungsfrist seine Klage einreichen, um eine rechtzeitige Zustellung zu gewährleisten. Dies würde jedoch dazu führen, dass er die Verjährungsfrist nicht voll ausnutzen könnte. Um ihm das aber zu ermöglichen, bestimmt § 167 ZPO, dass es bei der Frage der Verjährungshemmung statt auf die Zustellung bereits auf den Eingang der Klage ankommt, wenn die Klage demnächst zugestellt wird. Dies ist immer dann der Fall, wenn die Zustellung ohne eine Verzögerung von mehr als 14 Tagen erfolgen konnte.2 Ist dagegen eine längere Verzögerung eingetreten, liegt eine Demnächst-Zustellung nur dann vor, wenn die Verzögerung nicht in der Verantwortung des Klägers liegt, weil beispielsweise die Akte bei Gericht oder der Post liegen geblieben ist. Trägt dagegen der Kläger die Verantwortung, weil er beispielsweise den Gerichtskostenvorschuss zu spät eingezahlt oder zunächst eine falsche Anschrift des Beklagten mitgeteilt hat, kommt eine Rückwirkung auf den Eingang der Klage nicht mehr in Betracht. Ist die Verjährungsfrist zwischen Eingang und Zustellung abgelaufen, wird der Kläger den Prozess verlieren, sobald der Beklagte die Einrede der Verjährung erhebt.

  • Die Rechtshängigkeit führt zu einer verschärften Haftung bestimmter Schuldner (§§ 292, 818 Abs. 4, 987 BGB).

  • Mit der Klageerhebung kann derjenige Besitzer, dessen Besitz durch verbotene Eigenmacht entzogen oder gestört wird, verhindern, dass seine Besitzansprüche (§§ 861, 862 BGB) nach Ablauf eines Jahres erlöschen (§ 864 Abs. 1 BGB). Dasselbe gilt für den Verwendungsersatzanspruch des Besitzers gegenüber dem Eigentümer (§ 1002 Abs. 1 BGB).

  • Mit der Rechtshängigkeit ist der Schuldner einer Geldforderung verpflichtet, diese zu verzinsen (§ 291 BGB). Die Zinshöhe ergibt sich aus § 288 BGB.

  • prozessuale Folgen

  • Erhebt der Kläger währen der Rechtshängigkeit dieselbe Klage vor einem anderen Gericht, kann der Beklagte den Einwand anderweitiger Rechtshängigkeit erheben (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).

  • Ein einmal zuständiges Gericht bleibt auch dann zuständig, wenn sich die Zuständigkeitsvoraussetzungen nach Eintritt der Rechtshängigkeit ändern (§ 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO). Es bringt einem Beklagten also nichts, wenn er nach einem für ihn nachteiligen Hinweis des Gerichts seinen Wohnsitz in einen anderen Gerichtsbezirk verlegt.

  • Die Dispositionsbefugnis des Klägers wird eingeschränkt. Er kann seine Klage jetzt nur noch mit Einwilligung des Beklagten oder bei Sachdienlichkeit ändern (§ 263 ZPO).

  • Eine Veräußerung der Sache, über die gestritten wird, oder die Abtretung des geltend gemachten Anspruchs nach Rechtshängigkeit haben auf den Prozess grundsätzlich keine Auswirkung (§ 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Rechtskraft des Urteils erstreckt sich auf den Erwerber (§ 325 Abs. 1 ZPO).

Bestimmung der Verfahrensweise

Gemäß § 272 Abs. 1 ZPO soll der Rechtsstreit in nur einem Termin erledigt werden, den das Gesetz als Haupttermin bezeichnet und der so früh wie möglich stattfinden soll (Abs. 3). In diesem Termin soll zunächst eine Güteverhandlung stattfinden (§ 278 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Kommt es nicht zu einer Einigung der Parteien, soll sich die mündliche Verhandlung anschließen (§ 279 Abs. 1 ZPO) und eine erforderliche Beweisaufnahme gleich im Anschluss durchgeführt werden, deren Ergebnis das Gericht möglichst unmittelbar mit den Parteien erörtern soll (Abs. 2, 3 ZPO). Im Idealfall verkündet das Gericht sodann sein Urteil (§ 310 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 ZPO).

Diese (idealtypischen) Vorgaben des Gesetzgebers setzen voraus, dass das Gericht den Haupttermin umfassend vorbereitet (§ 272 Abs. 1 ZPO). Dabei muss vor allem feststehen, worüber die Parteien tatsächlich streiten, welche Tatsachenbehauptungen zwischen ihnen also streitig sind. Hierzu muss der Beklagte Gelegenheit bekommen, sich zur Klage zu äußern. Für diese Stoffsammlung stehen dem Gericht zwei Verfahrensarten zur Verfügung: früher erster Termin und schriftliches Vorverfahren (§ 272 Abs. 2 ZPO).

  • früher erster Termin

Beraumt das Gericht einen frühen ersten Termin an, muss es dem Beklagten die Möglichkeit einräumen, seine Sicht der Dinge in den Prozess einzuführen (§ 275 Abs. 1 ZPO). Es kann ihm hierfür eine Frist zur schriftlichen Klageerwiderung setzen (Satz 1) oder ihn auffordern, jedenfalls seine Verteidigungsmittel schriftlich vorzutragen.

Im frühen ersten Termin findet zunächst eine Güteverhandlung statt, in der das Gericht den Parteien den Sach- und Streitstand sowie seine vorläufige Rechtsauffassung erläutert und mit den Parteien diskutiert. In aller Regel wird es auch einen Vergleichsvorschlag machen.5

Kommt es nicht zum Vergleich, schließt sich die mündliche Verhandlung an (§ 279 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Sie beginnt damit, dass die Parteien ihre Anträge stellen (§ 137 Abs. 1 ZPO). Ist die Sache schon entscheidungsreif, schließt das Gericht die mündliche Verhandlung und verkündet ein Urteil oder beraumt einen Verkündungstermin an, in dem es dann sein Urteil verkündet (§ 310 Abs. 1 ZPO). Andernfalls beraumt es den Haupttermin an. Zur weiteren Vorbereitung kann es den Parteien Stellungnahmefristen setzen und weitere prozessleitende Anordnungen erlassen (§ 273 Abs. 2 ZPO).

  • schriftliches Vorverfahren

Ordnet das Gericht dagegen das schriftliche Vorverfahren an, muss es den Beklagten auffordern, binnen einer Notfrist von zwei Wochen schriftlich mitzuteilen, ob er sich gegen die Klage verteidigen will (§ 276 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Gleichzeitig setzt es ihm eine Frist von mindestens zwei weiteren Wochen zur schriftlichen Klageerwiderung (Satz 2).

Innerhalb der Frist zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft muss der Beklagte nicht mehr tun, als dem Gericht mitzuteilen, dass er sich gegen die Klage verteidigen will. Geht keine Verteidigungsanzeige ein, erlässt das Gericht auf Antrag des Klägers ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten (§ 331 Abs. 3 ZPO). Hiergegen muss sich der Beklagte mit dem Einspruch wenden (§ 338 ZPO).

Alle weiteren Ausführungen gehören in die Klageerwiderung. In dieser muss er alle Verteidigungsmittel gegen die Klage vorbringen (§ 277 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Hierbei kann er den Tatsachenvortrag des Klägers zu den Anspruchsvoraussetzungen bestreiten und/oder eigene Tatsachenbehauptungen zu Einwendungen oder Einreden aufstellen. Geht keine Klageerwiderung ein, gilt § 331 Abs. 3 ZPO nicht. Vielmehr muss das Gericht den Haupttermin anberaumen. Dem Beklagten droht aber, dass späterer Vortrag präkludiert ist und bei der Urteilsfindung nicht mehr berücksichtigt wird (§ 296 Abs. 1 ZPO).

Gehen Verteidigungsanzeige und Klageerwiderung rechtzeitig ein, kann das Gericht zunächst dem Kläger die Gelegenheit geben, seinerseits in einer sog. Replik auf das Beklagtenvorbringen zu erwidern. Dabei muss der Kläger vor allem zu den Tatsachenbehauptungen des Beklagten in Bezug auf Einwendungen oder Einreden Stellung nehmen (§ 277 Abs. 1, 3 ZPO).

Spätestens nach Eingang der Klageerwiderung wird das Gericht den Haupttermin anberaumen und zur Vorbereitung der Beweisaufnahme ggf. Zeugen laden.

Für welche Verfahrensart sich das Gericht entscheidet, hängt vom Einzelfall ab. Der frühe erste Termin bietet sich vor allem dann an, wenn gute Aussichten auf eine gütliche Einigung der Parteien bestehen oder der Sachverhalt eher übersichtlich und gut verständlich ist bzw. bei nicht anwaltlich vertretenen Parteien vor dem Amtsgericht dann, wenn die mündliche Aufklärung des Sachverhalts mehr Erfolg verspricht. Dagegen hat das schriftliche Vorverfahren den Vorteil, das komplexe Sachverhalte zunächst schriftlich von den Rechtsanwälten aufgearbeitet wird.

Ablauf des Haupttermins

Auch dem Haupttermin geht eine Güteverhandlung voraus, der sich ggf. die mündliche Verhandlung anschließt. Hier stellen die Parteien zunächst ihre Sachanträge. Darin liegt zugleich die Bezugnahme auf ihr schriftsätzliches Vorbringen, das damit Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsgrundlage wird. Erscheint eine Partei bzw. im Anwaltsprozess ihr Anwalt zur mündlichen Verhandlung nicht (oder stellt sie keinen Sachantrag), ergeht auf Antrag des anwesenden Gegners ein Versäumnisurteil gegen sie (§§ 330, 331, 333 ZPO).

Sodann soll eine erforderliche Beweisaufnahme stattfinden, die auch dann durchgeführt werden kann, wenn die Parteien bzw. ihre Anwälte nicht erschienen sind (§ 367 Abs. 1 ZPO).

Nach weiterer Erörterung schließt das Gericht die mündliche Verhandlung. Es kann jetzt auch schon ein Urteil verkünden (§ 310 Abs. 1 ZPO). Unter den Voraussetzungen von § 139 Abs. 5 ZPO und § 283 ZPO muss das Gericht allerdings einer Partei auf Antrag einen Schriftsatznachlass gewähren. In diesem Fall beraumt das Gericht zugleich einen Verkündungstermin an.

In der Zeit zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Verkündungstermin verfasst das Gericht sein Urteil. Deshalb können die Parteien nach Schluss der mündlichen Verhandlung neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Sinne von § 282 Abs. 1 ZPO außerhalb eines nachgelassenen Schriftsatzes nicht mehr vorbringen (§ 296a ZPO). Tun sie es dennoch, bleibt der Vortrag bei der Entscheidung unberücksichtigt.

Im Verkündungstermin verkündet das Gericht sein Urteil (§ 311 ZPO). Das Urteil wird sodann an die Parteien zugestellt (§ 317 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Damit ist das erstinstanzliche Verfahren beendet.

Rechtsmittelverfahren

  • Berufungsverfahren

  • Mit der Zustellung des Urteils beginnt die Frist zur Einlegung einer Berufung, die einen Monat beträgt (§ 517 ZPO). Eine Berufung ist statthaft, wenn der Wert der Beschwer der unterlegenen Partei aus dem Urteil (also nicht der Streitwert des erstinstanzlichen Verfahrens) 600,00 Euro übersteigt; ansonsten nur dann, wenn das erstinstanzliche Gericht die Berufung im Urteil zugelassen hat (§ 511 Abs. 2 ZPO).

  • Welches Gericht für die Berufung zuständig ist, richtet sich danach, wer das erstinstanzliche Urteil erlassen hat: Für Berufungen gegen Urteile der Amtsgerichte sind die Landgerichte zuständig (§ 72 Abs. 1 GVG), für Berufungen gegen erstinstanzliche Urteile der Landgerichte die Oberlandesgerichte (§ 119 Abs. 1 Nr. 2 GVG).

  • Hat die unterlegene Partei (bei einer teilweisen Klageabweisung sind das beide Parteien) rechtzeitig Berufung eingelegt, muss sie diese begründen (§ 520 Abs. 1 ZPO). Die Frist hierfür beträgt zwei Monate ab Urteilszustellung. Berufungsgründe können Rechtsfehler oder Fehler bei der Tatsachenfeststellung sein, soweit sich diese auf die angefochtene Entscheidung ausgewirkt haben (§ 513 ZPO).

Fehlt es an einer ordnungsgemäßen Berufungsbegründung, ist die Berufung unzulässig und wird nach einem Hinweis durch Beschluss oder nach einer Berufungsverhandlung durch Urteil als unzulässig verworfen (§ 522 Abs. 1 ZPO).

  • Ist die Berufung zulässig, prüft das Berufungsgericht die Erfolgsaussichten. Hält es die Berufung für offensichtlich unbegründet, weist sie sie nach einem Hinweis durch Beschluss zurück, wenn die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO vorliegen. Andernfalls beraumt das Berufungsgericht eine Berufungsverhandlung an.

  • Ist die Berufung unbegründet, wird sie durch Urteil zurückgewiesen. Ist sie begründet, ändert das Berufungsgericht das angefochtene Urteil entsprechend ab. Unter den (engen) Voraussetzungen von § 538 Abs. 2 ZPO kann es die Sache auch an das erstinstanzliche Gericht zurückverweisen.

  • Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen (§ 524 Abs. 1 ZPO). Dies kommt in Betracht, wenn er ebenfalls unterlegen ist, aber eine eigenständige Berufung nicht einlegen kann, weil der Wert seiner Beschwer 600,00 Euro nicht übersteigt, oder nicht einlegen will. Außerdem muss sich der obsiegende Kläger der Berufung des Beklagten anschließen, wenn er seine Klage im Berufungsverfahren erweitern will.

  • Die zweite Instanz ist keine reine Tatsacheninstanz. Dies ergibt sich aus § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, wonach das Berufungsgericht die tatsächlichen Feststellungen der ersten Instanz auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat. Allerdings gilt dies nicht uneingeschränkt. So können Zweifel an der Tatsachenfeststellung neue Feststellungen gebieten. Außerdem dürfen die Parteien unter den Voraussetzungen von § 531 Abs. 2 ZPO auch neue Tatsachenbehauptungen und andere Angriffs- und Verteidigungsmittel in das Berufungsverfahren einbringen.

  • Revision/Nichtzulassungsbeschwerde

  • Der Rechtsweg zum Bundesgerichtshof ist der im Berufungsverfahren unterlegenen Partei nur eingeschränkt eröffnet. Gemäß § 543 Abs. 1 ZPO ist die Revision nur statthaft, wenn sie zugelassen wurde. Diese Zulassung muss grundsätzlich durch das Berufungsgericht erfolgen (Nr. 1), wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 vorliegen. Die Frist zur Einlegung der Revision beträgt einen Monat und beginnt mit der Zustellung des Berufungsurteils (§ 548 ZPO).

  • Der Bundesgerichtshof kann die Revision aber auch selbst zulassen, wenn die unterlegene Partei gegen die Nichtzulassung der Revision im Berufungsurteil Beschwerde beim Bundesgerichtshof eingelegt hat (Abs. 1 Nr. 2. Diese Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 ZPO) ist allerdings nur statthaft, wenn der Wert der Beschwer 20.000,00 Euro übersteigt (Abs. 2 Nr. 1). Ist das nicht der Fall, wird das Urteil rechtskräftig. Andernfalls prüft der Bundesgerichtshof zunächst nur, ob die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision entgegen der Annahme des Berufungsgerichts vorliegen. Lässt er daraufhin die Revision zu, wird das Revisionsverfahren durchgeführt (§ 544 Abs. 6 Satz 1 ZPO). Sieht er keine Zulassungsgründe, wird die Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss zurückgewiesen (Abs. 4).

  • Die dritte Instanz ist eine reine Rechtsinstanz, die lediglich die Verletzung formellen und materiellen Rechts prüft (§ 545 Abs. 1 ZPO). Eine Rechtsverletzung liegt vor, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist (§ 546 ZPO). Stellt der Bundesgerichtshof einen solchen Rechtsfehler fest, hebt er das angefochtene Urteil und verweist die Sache an das Berufungsgericht zurück, es sei denn, für die Sachentscheidung ist keine weitere Tatsachenfeststellung erforderlich (§ 563 Abs. 1, 3 ZPO).


  1. Hierzu Exkurs ZPO I 1.

  2. BGH (II ZR 281/18) Rn. 8

  3. Hierzu Exkurs ZPO I 12.

  4. Hierzu Exkurs ZPO I 9.

  5. Zum Prozessvergleich Exkurs ZPO I 14.

  6. Hierzu Exkurs ZPO I 10.

  7. Hierzu Exkurs ZPO I 5.

  8. BGH III ZR 141/93

  9. Hierzu Exkurs ZPO I 10.