Ablauf der Klausur
2) Ablauf der Klausur
Die Klausuren sind natürlich unterschiedlich in ihren Anforderungen, vor allem was die Schwerpunktsetzung und den Schwierigkeitsgrad betrifft. Trotzdem läuft die Bearbeitung im Grunde immer gleich ab.
- Brainstorming-Zettel
Schon vor dem Start solltest du dir mehrere Blätter vorbereiten, auf denen du während des Lesen der Klausur-Akte und im weiteren Verlauf alle Gedanken notierst. So wirst du zum einen nicht vom aufmerksamen Lesen des Sachverhalts abgelenkt, zum anderen stellst du sicher, dass diese Gedanken nicht verlorengehen.
Folgende Brainstorming-Zettel bieten sich an:
Rubrum | Tenor | TB | EG | Prozessual | Rechtlich |
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Ordne deine Gedanken entsprechend ein. Geh diese Blätter noch einmal durch, bevor du mit dem Abfassen des Urteils beginnst.
- Klausur-Akte lesen
Beginne mit der Lösung der Klausur erst, wenn du wirklich verstanden hast, worum es in der Akte geht. Je nach Umfang und Schwierigkeitsgrad musst die Akte dazu mehrmals lesen.
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Beginne dabei mit dem Bearbeitervermerk. Hier findest du wichtige Informationen darüber, was du tun sollst. Es kann vorkommen, dass dir Teile des Urteils – zum Beispiel der Tatbestand – erlassen werden. Übersiehst du diesen Hinweis, wirst du mit der Klausur nicht fertig. Außerdem findest du im Bearbeitervermerk Hinweise auf wichtige Daten, beispielsweise dazu, wann dem Beklagten die Klage zugestellt wurde. Darauf kommt es vor allem dann an, wenn der Kläger Zinsen ab Rechtshängigkeit verlangt (§§ 291, 261 Abs. 1, 253 Abs. 1 ZPO). Regelmäßig wird dir außerdem gesagt, dass alle richterlichen Hinweise, die du nach deiner Lösung für erforderlich hältst, bereits erteilt worden seien, ohne dass die betroffene Partei darauf reagiert habe.
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Ob du beim Lesen der Klausur mit Textmarkern arbeitest, dir Anmerkungen machst oder Teile unterstreichst, ist letztlich Geschmackssache. Weniger ist hier aber meistens mehr und sorgt dafür, dass du den nicht den Überblick verlierst. Benutze lieber die Brainstorming-Zettel.
An dieser Stelle der Klausur geht es nur um das Lesen, noch nicht ums Lösen. Blättere vor allem noch nicht im Kommentar.
- Begehr des Klägers
Nach dem Lesen der Akte musst du wissen, was der Kläger erreichen möchte, welche Rechtsfolge er also begehrt. Das ergibt sich zunächst aus dem zuletzt gestellten Antrag, den du ggf. auslegen musst, und zwar dahin, was nach der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage des Klägers entspricht (vgl. BGH NJW 2014, 155 Rn. 30).
Außerdem kommt es darauf an, wie der Kläger seinen Antrag begründet.
- Anspruchsgrundlage ermitteln
Weißt du, was der Kläger begehrt, suchst du nach einschlägigen Anspruchsgrundlagen.
- Aktenauszug erstellen
Erstelle dir einen Aktenauszug, in dem du anhand der Anspruchsgrundlage den wesentlichen Vortrag der Parteien ordnest, und zwar unterteilt in Unstreitiges und Streitiges. Markiere dir beim streitigen Vortrag, wer die Darlegungs- und Beweislast trägt. In komplexen Fällen ist eine Übersicht der beteiligten Personen ratsam. In Akten mit vielen Daten hilft eine chronologische Übersicht.
Übe es, die Aktenauszüge so zu erstellen, dass du aus ihnen den Tatbestand formulieren kannst, ohne noch einmal die Akte lesen zu müssen.
Die weiteren Einzelheiten erfährst du in einem gesonderten Exkurs.
- Lösungsskizze anfertigen
Im Mittelpunkt der Bearbeitung steht natürlich die vertretbare Lösung des Rechtsstreits. Da du später die Entscheidungsgründe im Urteilsstil schreiben musst und dort das Ergebnis am Anfang steht, muss deine Lösungsskizze deutlich detaillierter sein als die im ersten Examen. Du wirst keine Zeit haben, im Laufe der Entscheidungsgründe das Ergebnis zu korrigieren, weil du hierfür im Prinzip von vorn anfangen müsstest.
Schreib auf keinen Fall schon Teile des Urteils, während du noch an der Lösung arbeitest.
Die weiteren Einzelheiten erfährst du auch hier in einem gesonderten Exkurs.
- Abfassen des Urteils
Wie du ein Urteil schreibst, erfährst du in gesonderten Exkursen. Deshalb an dieser Stelle nur so viel:
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Anders als in der Anwaltsklausur, in der neben dem Schriftsatz auch das materielle Gutachten und die Zweckmäßigkeitserwägungen bewertet werden, kommt es in der Urteilsklausur nur auf das Urteil an. Aktenauszug und Lösungsskizze können noch so brilliant sein, wenn du keine Zeit mehr hast, beides in ein Urteil zu überführen, fällst du durch. Für das Abfassen des Urteils solltest du grundsätzlich zweieinhalb Stunden Zeit einplanen. Übe das in den Übungsklausuren.
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Rubrum und Tenor sind als erster Eindruck des Korrektors von deiner Klausur enorm wichtig. Sie werden deshalb auch als Visitenkarte bezeichnet. Hier solltest du dich vor allem um eine saubere, gut lesbare Handschrift bemühen, die Formalien besonders gut beachten und Flüchtigkeitsfehler in jedem Fall vermeiden. Deshalb beginnst du mit diesen Teilen des Urteils.
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Ob du danach erst den Tatbestand schreibst oder zunächst die Entscheidungsgründe, ist Geschmacksache. Es spricht allerdings mehr für die Entscheidungsgründe. Hier liegt der Schwerpunkt der Bearbeitung, deshalb gibt es auch die meisten Punkte zu holen. Außerdem weißt du so am besten, auf welchen Parteivortrag du deine Entscheidung tatsächlich stützt. Nur diese Tatsachen tauchen im Tatbestand auf, andernfalls läufst du Gefahr, dass der Korrektor deinen Tatbestand als kopflastig kritisiert. Das bedeutet, dass darin deutlich mehr Vortrag enthalten ist, als du in den Entscheidungsgründen verarbeitet hast.
Am besten probierst du in den Übungsklausuren beide Varianten aus und entscheidest dann, welche dir besser liegt.
- Am Ende der Klausur
Vergleiche am Ende der Klausur deinen Tenor zur Hauptsache mit dem zuletzt gestellten Antrag des Klägers. Geht dein Tenor darüber hinaus, musst du ihn korrigieren, denn ansonsten verstößt du gegen § 308 Abs. 1 ZPO. Das Gericht darf dem Kläger nicht mehr geben, als er beantragt hast. Gibst du ihm dagegen weniger, musst du die Klage im Übrigen abweisen
Ansonsten ist es nicht ratsam, die ganze Klausur noch einmal zu lesen, es sei denn, du hast genügend Zeit, um Fehler, die du dabei entdeckst, sinnvoll zu korrigieren. Das wird aber eher nicht der Fall sein.
Sortiere vor der Abgabe deine Blätter und achte vor allem darauf, dass dein Urteil vollständig ist.
Verlasse den Raum und versuche allen zu entgehen, die unbedingt über die Klausur sprechen wollen. Setz dir am besten Kopfhörer auf, weil einige es ja nicht lassen können, rauszuposaunen, welche klugen Gedanken sie gerade zu Papier gebracht haben. Auch wenn das in den wenigsten Fällen zutriffst, verunsichert es in dieser Situation erst mal.
Erhole dich und hake die Klausur möglichst schnell ab. Bereite dich innerlich auf die nächste Klausur vor.