§ 80 V 1 2. Fall VwGO (Begründetheit)

Aufbau der Prüfung - Begründetheit des § 80 V 1 2. Fall VwGO

§ 80 V 1 2. Fall VwGO regelt den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. Der Antrag nach § 80 V 1 2. Fall VwGO ist begründet, wenn das private Aussetzungsinteresse gegenüber dem öffentlichen Vollzugsinteresse überwiegt. Maßgeblich sind hier die Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Das heißt, entscheidend kommt es auf die Rechtmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes bei summarischer Prüfung an. 

I. Formelle Rechtmäßigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung

Hier ist zunächst die formelle Rechtmäßigkeit der Anordnung einer sofortigen Vollziehung selbst zu prüfen.

1. Zuständigkeit, § 80 II 1 Nr. 4 VwGO

Dies setzt zunächst die Zuständigkeit der Behörde voraus. Gemäß § 80 II 1 Nr. 4 VwGO darf die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, dessen sofortige Vollziehung anordnen. Gleiches gilt für die Widerspruchsbehörde (echte Doppelzuständigkeit).

2. Verfahren

Im Prüfungspunkt „Verfahren“ stellt sich das Problem, ob eine erneute Anhörung - nach bereits erfolgter Anhörung vor Erlass der Abrissverfügung – erforderlich ist.

3. Form, § 80 II 1 Nr. 4, III VwGO

Hinsichtlich der Form stellt § 80 II 1 Nr. 4, III VwGO hohe Anforderungen. Danach bedarf es einer gesonderten, schriftlichen, tragfähigen Begründung. Grundsätzlich hat ein Widerspruch aufschiebende Wirkung. Ordnet eine Behörde die sofortige Vollziehung an, entfällt diese aufschiebende Wirkung. Dies kann, beispielsweise bei einer Abrissverfügung, weitreichende Folgen haben. Daher muss die Behörde eine solche weitreichende Entscheidung tragfähig begründen. Beispiel: A wird Adressat einer Abrissverfügung. Die Behörde ordnet die sofortige Vollziehung an mit der Begründung, die Abrissverfügung sei offensichtlich rechtmäßig. Dies reicht nicht aus, da die Rechtmäßigkeit nur das Interesse daran begründet, den Verwaltungsakt zu erlassen, nicht aber das besondere Interesse daran, ihn sofort zu vollziehen. 

II. Materielle Rechtmäßigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung

Sodann ist im Rahmen des § 80 V 1 2. Fall VwGO die materielle Rechtmäßigkeit der Anordnung einer sofortigen Vollziehung zu prüfen.

1. Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes

Dies ist die Prüfung der Rechtmäßigkeit des zugrunde liegenden Verwaltungsaktes (summarische Prüfung). Ergibt eine solche Prüfung nach § 80 V 1 2. Fall VwGO, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wird niemals das öffentliche Interesse an der Vollziehung das private Aussetzungsinteresse überwiegen. Wenn der Verwaltungsakt jedoch rechtmäßig ist, muss im Rahmen des § 80 V 1 2. Fall VwGO eine weitere Interessenabwägung vorgenommen werden.

2. Weitere Interessenabwägung

Die Interessenabwägung hat anhand einer Folgenbetrachtung stattzufinden. Hierbei werden bei § 80 V 1 1. Fall VwGO zwei Szenarios verglichen: Wiegt es schwerer, wenn dem Antrag stattgegeben wird und die Hauptsache später anders entschieden wird, oder wenn der Antrag abgelehnt wird und die Hauptsache später anders ausgeht. Beispiel: A wird Adressat einer Abrissverfügung. Die Behörde ordnet die sofortige Vollziehung an. A legt Widerspruch ein und stellt einen Antrag nach § 80 V 1 2. Fall VwGO. Wird der Antrag abgelehnt, obwohl die Verfügung rechtswidrig war, kann das Haus abgerissen werden. Wird dem Antrag stattgegeben, darf das Haus nicht abgerissen werden. Es stellt sich in der Hauptsache heraus, dass der Verwaltungsakt rechtmäßig ist. Es ist somit zu entscheiden, welche Folgen schwerer wiegen. Im Rahmen des § 80 V 1 2. Fall VwGO ist bei der Abwägung insbesondere die gesetzliche Ausgangswertung zu beachten. Von § 80 V 1 2. Fall VwGO sind die Fälle erfasst, in denen gesetzlicher Ausgangspunkt nach § 80 I VwGO die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs ist. Nur wegen § 80 II 1 Nr. 4 VwGO entfällt die aufschiebende Wirkung. Hier wiegt regelmäßig das private Interesse schwerer. Es müssen daher besondere Umstände vorliegen, dass ausnahmsweise das öffentliche Interesse an der Vollziehung überwiegt.
 

 

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