Einstweiliger Rechtsschutz Antragsteller
12) Einstweiliger Rechtsschutz - Antragstellerklausur
Hin und wieder kommt es vor, dass die Anwaltsklausur aus dem Gebiet des einstweiligen Rechtsschutzes stammt. Auch hier musst du deshalb wissen, wie du in einer solchen Klausur vorgehst.
Wir beginnen mit der Konstellation, dass der Mandant einstweiligen Rechtsschutz begehrt.
A. Begehr des Mandanten
Im einstweiligen Rechtsschutz geht es dem Mandanten darum, dass schnell die erforderlichen Schritte eingeleitet werden, um einen Rechtsverlust im weiteren Sinne zu verhindern.
B. Materielles Gutachten
Das materielle Gutachten unterscheidet sich nicht von dem einer Klägerklausur. Du prüfst, ob der Mandant einen Anspruch hat, der zur begehrten Rechtsfolge führt.
C. Zweckmäßigkeitserwägungen
In den Zweckmäßigkeitserwägungen stellst du dar, welche Art des Eilrechtsschutzes für den Mandanten zu wählen ist und ob sämtliche Voraussetzungen vorliegen.
I. Arrest und einstweilige Verfügung
Zur Auswahl stehen dabei der Arrest und die einstweilige Verfügung.
Der Arrest (§ 916 Abs. 1 ZPO) dient der Sicherung der Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung. Die einstweilige Verfügung (§ 935 ZPO) erfasst alle anderen Konstellationen einer Sicherung oder vorläufigen Regelung.
1. Arrest
Der Arresterlass setzt Folgendes voraus:
a) Arrestanspruch
Der Arrestanspruch entspricht dem materiellen Anspruch.
b) Arrestgrund
Beim Arrestgrund wird unterschieden:
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Der dingliche Arrest (§ 917 ZPO) wird verhängt, wenn die Besorgnis besteht, dass ansonsten die Vollstreckung eines im Hauptsacheverfahren zu erstreitenden Urteils vereitelt oder wesentlich erschwert würde. Arrestgegenstand ist hier das Vermögen des Schuldners.
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Der persönliche Arrest (§ 918 ZPO; Vollziehung nach § 933 ZPO) wird verhängt, wenn er erforderlich ist, um die gefährdete Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners zu sichern. Er kommt in Betracht, wenn zu befürchten ist, dass der Schuldner sich durch einem dinglichen Arrest nicht von einer Vermögensverlagerung abhalten lässt.
c) Arrestantrag
Der Arrest muss beim zuständigen Gericht beantragt werden (§ 920 Abs. 1 ZPO). Ausschließich zuständig (§ 802 ZPO) ist das Gericht der Hauptsache oder das Amtsgericht am Belegenheitsort des Vermögens (§ 919 ZPO). Es besteht kein Anwaltszwang (§§ 920 Abs. 3, 78 Abs. 3 ZPO).
Im Antrag müssen Anspruch und Grund bezeichnet und glaubhaft gemacht werden (§ 920 Abs. 2 ZPO).
2. Einstweilige Verfügung
Zu der deutlich häufiger beantragten und damit auch klausurrelevanteren einstweiligen Verfügung musst du Folgendes wissen:
a) Verfügungsanspruch (§§ 916 Abs. 1, 936 ZPO)
Sie setzt ebenfalls einen materiellen Anspruch voraus.
b) Verfügungsgrund (§ 935 ZPO)
Verfügungsgrund ist die Eilbedürftigkeit. Dabei geht es um die Frage: Warum kann es dem Mandanten nicht zugemutet werden, sich im ordentlichen Verfahren einen Titel zu erstreiten?
Eilbedürftigkeit liegt dann vor, wenn die Besorgnis besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Mandanten vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einer Glaubhaftmachung des Verfügungsgrundes bedarf es ausnahmsweise nicht beim Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Erlangung einer Vormerkung oder eines Widerspruchs (§§ 885 Abs. 1 Satz 2, 899 Abs. 2 Satz 2 BGB).
c) Antrag (§ 920 Abs. 1, 936 ZPO)
Für den Antrag gilt dasselbe wie beim Arrest. Zuständig ist das Gericht der Hauptsache (§§ 937 Abs. 1, 943 Abs. 1 ZPO). Du musst also prüfen, bei welchem Gericht du eine Klage erheben würdest.
Beim Inhalt des Antrags musst du unterscheiden:
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Der Grundfall ist die Sicherungsverfügung (§ 935 ZPO). Sie dient der Sicherung eines Anspruchs oder eines Rechts. Dabei musst du vor allem beachten, dass du mit deinem Antrag nicht die Hauptsache vorwegnehmen darfst. Das bedeutet, die Maßnahmen der einstweiligen Verfügung müssen hinter dem zurückbleiben, was in der Hauptsache begehrt wird. Ein typischer Klausurfall ist die Herausgabe an einen Gerichtsvollzieher statt an die Partei.
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Darüber hinaus gibt es die Regelungsverfügung (§ 940 ZPO), mit der ein Rechtsverhältnis vorläufig geregelt wird, bspw. die Geschäftsführungsbefugnisse in einer GmbH.
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Nicht ausdrücklich im Gesetz geregelt, aber in der Rechtsprechung schon lange anerkannt, ist die Leistungsverfügung. Sie gewährt dem Antragsteller ausnahmsweise eine teilweise Befriedigung, wenn er auf die sofortige Erfüllung so dringend angewiesen ist, dass er das ordentliche Verfahren nicht abwarten kann, ohne unverhältnismäßig großen Schaden zu erleiden. Neben Unterhaltszahlungen fallen hierunter bspw. die Räumung von Wohnraum bei verbotener Eigenmacht oder einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben (§ 940a Abs. 1 ZPO).
Außerdem musst du beachten, dass das Gericht auch im Verfügungsverfahren grundsätzlich mündlich verhandelt. Spätestens mit der Ladung würde der Gegner also erfahren, dass dein Mandant eine einstweilige Verfügung beantragt hat. Das kann misslich sein, wenn zu befürchten ist, dass er dann weitere Aktivitäten entfaltet, die deinem Mandanten schaden. Deshalb gibt § 937 Abs. 2 ZPO dem Gericht die Möglichkeit, auf eine mündliche Verhandlung zu verzichten. Voraussetzung hierfür ist eine besondere Dringlichkeit, die vorliegt, wenn die Anordnung einer mündlichen Verhandlung den Zweck der einstweiligen Verfügung gefährden würde, weil der Antragsteller nur durch einen möglichst rasch erwirkten Titel zur Sicherung seines Anspruchs kommen kann (Überraschungseffekt). Du musst also ggf. beantragen, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.
D. Antragsschrift
Der Aufbau der Antragsschrift entspricht grundsätzlich dem einer Klageschrift.
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Beachte, dass die Parteien als Antragsteller und Antragsgegner bezeichnet werden.
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Denke daran, Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund glaubhaft zu machen.