Abgrenzung Schadensersatz statt und neben der Leistung
Problem – Abgrenzung Schadensersatz statt / neben der Leistung
I. Zeitliche Abfolge
Zu Beginn steht der Abschlusszeitpunkt des Vertragsschlusses, mithin die Anspruchsentstehung. Diese Ansprüche haben eine Partei bezogen vereinbarte Fälligkeit. Wird die Leistung bei Fälligkeit nicht erbracht, erfolgt eine Mahnung bzw. eine Fristsetzung zur Nacherfüllung, es sei denn, es greift einer der Entbehrlichkeitsgründe ein. Bei fruchtlosem Ablauf der Nachfristsetzung erfolgt eine Schwebephase, in der nicht bestimmt ist, ob die Vertragserfüllung weiterhin begehrt wird oder ob ein Wechsel auf die sekundäre Leistungsebene gewünscht wird, also Schadensersatz statt der Leistung begehrt wird. Diese Unsicherheit wird erst zu dem Zeitpunkt beendet, in dem der Käufer Schadensersatz statt der Leistung begehrt (Geltendmachung § 281 IV BGB). Dieses Begehren führt zum Erlöschen der primären Leistungspflichten, § 281 IV BGB. Ab diesem Zeitpunkt befindet sich der Verkäufer mit der Primärleistung nicht mehr im Verzug. Die Geltendmachung des Schadenersatzes statt der Leistung ist eine rechtsvernichtende Einwendung in Bezug auf die primäre Leistungspflicht des Verkäufers.
Der Zeitraum der Leistungsverzögerung, ab Fälligkeit der Primärleistung bis zur Geltendmachung des Schadenersatzes statt der Leistung, ist der Zeitraum, in dem ein Schadenersatzanspruch neben der Leistung gemäß § 286 BGB denkbar ist. Es kommt dafür darauf an, dass die Mahnung und die gesetzte Frist grundsätzlich ablaufen, es sei denn, es liegt eine Entbehrlichkeit der Mahnung vor. Der Schadensersatz statt der Leistung ist erst mit Fristablauf möglich. Der Zeitraum geht über den Zeitraum des Schadenersatzes neben der Leistung hinaus. Auch danach entstehende Schäden können unter diese Anspruchsgrundlage fallen.
II. Abgrenzungsansätze
Zur Abgrenzung der Schadensersatzansprüche statt und neben der Leistung, gibt es im Wesentlichen zwei Ansätze.
1. Begriffsorientiert
Zunächst ist auf das Äquivalenzinteresse abzustellen. Dabei geht es darum, dass Leistung und Gegenleistung einander in dem vertraglich festgelegten Umfang entsprechen. Bei einer Störung dieses Äquivalenzinteresses, soll es sich um einen Schadensersatzanspruch statt der Leistung handeln.
Davon zu unterscheiden ist das Integritätsinteresse. Darunter ist das Interesse zu verstehen, dass keine anderweitigen Rechtsgüter beeinträchtigt werden, dann soll es sich um einen Schadensersatz neben der Leistung handeln.
Der Nachteil dieses Ansatzes besteht darin, dass die Begriffe des Äquivalenz- und Integritätsinteresses nicht im Gesetz definiert sind und mithin auch nicht zu einzelnen Vorschriften zuzuordnen sind. Mithin handelt es sich um eine sehr akademische Diskussion, welche schwer mithilfe des Gesetzes geführt werden kann.
2. Funktionsorientiert
Bei dieser Abgrenzungsmethode kann mit der Frage argumentiert werden, ob der Schaden bei erfolgreicher Nacherfüllung bis zum letztmöglichen Zeitpunkt entfallen wäre.
Soweit die Frage bejaht werden kann, liegt ein Schadensersatz statt der Leistung vor. In diesem Fall würde eine gedachte Nacherfüllung den Schaden gar nicht entstehen lassen, d.h. der daraus resultierende Schaden muss an die Stelle der Nacherfüllung treten. Da die Nacherfüllung eine modifizierte Erfüllung darstellt, geht es um das Erfüllungsinteresse.
Muss die Frage verneint werden, handelt es sich um einen Schadensersatz neben der Leistung. Soweit nämlich eine angedachte Nacherfüllung an dem Schaden nichts zu verändern vermöge, kann der Schadensersatz nicht das ersetzen, was ursprünglich Erfüllungsanspruch war, sondern etwas anderes betrifft.
3. Schadensersatz statt der Leistung
Der Schadensersatzanspruch statt der Leistung tritt an die Stelle des Primäranspruchs. Mit der Geltendmachung erlischt der Primäranspruch, § 281 IV BGB. Schäden, die auf das endgültige Ausbleiben der Leistung zurückzuführen sind, sind also Schäden, die entfielen, wenn der Schuldner im spätestmöglichen Zeitpunkt nacherfüllt hätte. Im Ergebnis geht es damit um das endgültige Ausbleiben der Leistung, §§ 275, 281 IV, 323 BGB.
Zu den Schadensersatzansprüchen statt der Leistung zählen insbesondere der Mangelschaden und der Minderwert. Auch die Mehrkosten eines Deckungskaufs zählen dazu.
4. Schadensersatz neben der Leistung
Der Schadensersatzanspruch neben der Leistung tritt an die Stelle neben den Primäranspruch, die ursprünglich geschuldete Leistung bleibt also bestehen. Schäden, die bereits vor endgültigem Ausbleiben der Leistung (§§ 275, 281 IV, 323 BGB) endgültig eingetreten sind, d.h. auch, wenn die Leistung noch erfolgen würde nicht mehr entfielen, fallen unten die Schadensersatzansprüche neben der Leistung.
Zu den Schadensersatzansprüchen neben der Leistung zählen insbesondere der Verzugsschaden nach § 280 I, II, 286 BGB, darüber zu erstatten sind Mehraufwendungen, die dem Gläubiger dadurch entstehen, dass er die Lieferung verspätet erhält. Ebenfalls abgedeckt wird ein entgangener Gewinn im Sinne von § 252 BGB, wenn die Möglichkeit zur Weiterveräußerung auf einer Verzögerung beruht. Schlussendlich wird diskutiert, ob auch ein Betriebsausfallschaden aufgrund einer Nichtleistung unter den Schadenersatz neben der Leistung fällt.
Unter die allgemeine Vorschrift des § 280 I BGB fällt der entgangene Gewinn, der nicht auf der Verzögerung beruht und bereits endgültig eingetreten ist, sowie Schäden an anderen Rechtsgütern, insbesondere der Mangelfolgeschaden.