LG Oldenburg zu einem heißen Tee bei der Fast-Food-Kette

LG Oldenburg zu einem heißen Tee bei der Fast-Food-Kette

Stellt es eine Pflichtverletzung dar, einen Tee vor dem Verkauf mit sprudelnd kochendem Wasser zu übergießen?

Ein zu heißes Heißgetränk ist vielen aus dem US-amerikanischen Recht geläufig. Stoff für manches Partygespräch bot der Fall einer US-Amerikanerin, die gegen McDonald’s klagte, da ihr Kaffee zu heiß gewesen sei. Ein Lehrstück ist der Fall allerdings nicht nur zu US-amerikanischem Recht, sondern auch dazu, dass man keiner Partygeschichte glauben sollte, die man nicht selbst in die Welt gesetzt hat. Die weite Verbreitung von Halbwissen führte dazu, dass der Fall bis heute häufig als Beispiel dafür dient, dass man in den USA für Kleinigkeiten Millionen von Dollar zugesprochen bekommt. In der Partygeschichte werden indes zahlreiche “langweilige” Fakten ausgeklammert. So ist häufig nicht bekannt, dass die Schadensersatzsumme schon in der nächsten Instanz auf unter eine Million Dollar gekürzt wurde und das Verfahren schließlich in einem Vergleich endete, dessen Höhe nicht bekannt ist. Darüber hinaus wäre für eine Einordnung der Schadensersatzhöhe auch wichtig zu wissen, dass die verlierende Seite im US-amerikanischen Recht grundsätzlich nicht die Verfahrenskosten der Gegenseite zu tragen hat. Zuletzt findet in der Geschichte auch keinen Platz, dass die Geschädigte keine leichte Verletzung, sondern schwere Verbrennungen III. Grades erlitt. Jetzt hat sich ein ähnlicher Fall bei einem deutschen McDonald’s ereignet.

Was war geschehen?

Die Geschädigte erwarb bei eben dieser Fast-Food-Kette einen Tee. Diesen übergab ihr eine Mitarbeiterin in einem To Go-Becher in einer Pappschale. Auf dem Becher waren die Warnhinweise „VORSICHT HEISS“ angebracht und ein Symbol einer Tasse mit Dampfschwaden abgedruckt.

Die Geschädigte behauptet, den Tee erst 8 Minuten später aus der Pappschale geholt zu haben. Da der Deckel nicht richtig geschlossen gewesen sei, habe sie sich den heißen Tee beim Herausheben aus der Pappschale am Deckel über den Oberschenkel gegossen und Verbrennungen I. und II. Grades erlitten. Dies führt sie darauf zurück, dass der Tee unnötig heiß aufgebrüht worden sei. Sie verlangt daher ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 5.000 Euro und die Kosten für eine spätere Laser Narbenbehandlung, die voraussichtlich mit 33.000 Euro zu veranschlagen sind.

Die Fast-Food-Kette behauptet, ihre Mitarbeiterin habe den Becher richtig verschlossen und 90 Grad Celsius heißes Wasser sei eine übliche Temperatur für die Zubereitung von Tee. So lange nach Erhalt des Tees habe dieser die entstandenen Verbrennungen nicht mehr verursachen können. Die Geschädigte hätte den Tee nicht am Deckel herausheben dürfen und sei daher allein für ihre Verletzungen verantwortlich.

Entscheidung des Gerichts

Dass der Deckel falsch saß, konnte die Geschädigte im gerichtlichen Verfahren schon nicht beweisen.

Darüber hinaus stellte das Gericht aber auch fest, dass weder die Temperatur der Zubereitung noch die Übergabe des Tees in diesem Zustand eine Pflichtverletzung von dem Fast-Food-Restaurant darstelle. Tee werde gemäß dem Gericht üblicherweise bei 90 oder sogar 100 Grad Celsius zubereitet. In diesem Zustand – also bevor er verzehrfertig ist – dürfe der Tee auch an Kunden ausgehändigt werden. Dass Heißgetränke heiß sind, wisse der durchschnittliche Kunde ohne Weiteres.

Auch dass Deckel von To Go-Bechern nicht fest mit den Bechern verbunden sind, sei allgemein bekannt. Kunden könnten daher nicht erwarten, dass man den Becher an seinem Deckel sicher anhaben könne.

Für das Geschehen kann die Fast-Food-Kette laut dem Gericht daher mangels feststellbarer Pflichtverletzung nicht verantwortlich gemacht werden. Sie haftet also nicht und das Gericht hat die Klage der Geschädigten als unbegründet abgewiesen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Prüfungsrelevanz

Pflichtverletzungen in vertraglichen Beziehungen sind natürlich ein Klausurklassiker. Anhand des Falles kann außerdem die Zurechnung des Verhaltens von Erfüllungsgehilfen der Mitarbeiterin) abgeprüft werden und was genau von der Beweislastumkehr des § 280 I 2 BGB erfasst wird (nicht das Vorliegen einer Pflichtverletzung nur das Vertretenmüssen). Die Auseinandersetzung mit dem Fall lohnt sich also.