Übergesetzlicher Notstand

Aufbau der Prüfung - Übergesetzlicher Notstand

Der übergesetzliche Notstand ist nicht ausdrücklich geregelt. Er kommt nicht zum Zuge, wenn die §§ 34, 35 StGB einschlägig sind. Beispiel: Terroristen haben eine Maschine einer bestimmten Fluggesellschaft in die Hand bekommen und sind im Landeanflug auf ein Atomkraftwerk in der Nähe von Hamburg. Das Einzige, was sie wollen, ist das Steuern des Flugzeug in das Kraftwerk. Es wird festgestellt, dass, sollte es dazu kommen, mindestens 50.000 Menschen sofort sterben werden. Eine einzige Möglichkeit, dies abzuwenden, bestünde darin, das Flugzeug abzuschießen. Dabei würden allerdings alle Passagiere sterben. Eine Rechtfertigung nach § 34 StGB käme aufgrund der vorzunehmenden Interessenabwägung nicht in Betracht. Der entschuldigende Notstand scheitert daran, dass der eingeschränkte Personenkreis nicht gegeben ist. Der übergesetzliche Notstand hat folgende Voraussetzungen: Notstandslage, Notstandshandlung und Notstandswille.

I. Notstandslage

Der übergesetzliche Notstand setzt als erstes eine Notstandslage voraus.

1. Gefahr

Die Notstandslage besteht aus einer gegenwärtigen Gefahr für ein hochrangiges Rechtsgut, beispielsweise das Leben oder die Freiheit einer großen Anzahl von Menschen.

2. Gegenwärtigkeit

II. Notstandshandlung

Weiterhin verlangt der übergesetzliche Notstand eine Notstandshandlung. Diese enthält drei Elemente.

1. Erforderlichkeit

Zunächst muss die Notstandshandlung wie üblich erforderlich sein (Eignung und mildestes Mittel).

2. Interessenabwägung

Weiterhin hat im Rahmen des übergesetzlichen Notstands eine quantitative Interessenabwägung stattzufinden. Dies meint ein quantitatives Überwiegen der Rechtsgüter. Der übergesetzliche Notstand lässt daher auch eine Abwägung von 50.000 Menschenleben gegen 200 Menschenleben zu. Allerdings muss ein erhebliches Auseinanderfallen der Anzahl vorliegen.

3. Eingriffsgut unrettbar verloren

Ferner muss das Eingriffsgut unrettbar verloren sein. An dieser Voraussetzung wird der übergesetzliche Notstands praktisch in der überwiegenden Anzahl der Fälle scheitern. Im Beispielsfall müsste das Leben der Passagiere in der Maschine unrettbar verloren sein. Sie müssten somit dem Tode geweiht sein, also mit Sicherheit sterben. Dies ist nicht der Fall, da die Täter eventuell nur bluffen, überwältigt werden oder vielleicht ihr Ziel verfehlen.

III. Notstandswille

Zuletzt verlangt auch der übergesetzliche Notstand einen Notstands- bzw. Rettungswillen als subjektives Element.

 

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