Problem - Persönliches Substrat, Art. 19 III GG

Problem – Persönliches Substrat, Art. 19 III GG

Im Rahmen der Prüfung eines Freiheitsgrundrechts kann sich beim persönlichen Schutzbereich ein persönliches Substrat als Problem stellen. Fraglich ist somit, ob bei juristischen Personen ein persönliches Substrat im Rahmen des Art. 19 III GG erforderlich ist, damit sie sich auf das betreffende Grundrecht berufen kann. Persönliches Substrat betrifft die Frage, ob die Betätigung der juristischen Person Ausdruck der freien Entfaltung natürlicher Personen sein muss, also ob ein Durchgriff auf die dahinterstehenden Menschen erfolgen muss. Beispiel 1: Es ergeht eine Verfügung gegen eine Tochtergesellschaft. Der Mutterkonzern beruft sich auf Art. 6 I GG, den Schutz von Ehe und Familie.

I. Eine Ansicht

Eine Ansicht geht davon aus, dass ein persönliches Substrat bei einer juristischen Person erforderlich sei. Hier seien die Formulierungen Mutterkonzern und Tochtergesellschaft lediglich Metaphern. Dahinter würden keine Menschen aus Fleisch und Blut stecken. Dass ein persönliches Substrat erforderlich sei, folge aus der anthropozentrischen Ausrichtung des Grundgesetzes. Im Zentrum des Grundgesetzes stehe der Mensch. Zwar könnten sich auch juristische Personen auf Grundrechte berufen, aber nur soweit es um die dahinterstehenden Menschen gehe. Deshalb sei ein Durchgriff auf die dahinterstehenden Menschen, also ein persönliches Substrat, sinnvoll und erforderlich.

II. Andere Ansicht

Eine andere Ansicht geht davon aus, ein persönliches Substrat sei nicht erforderlich. Vielmehr reiche eine grundrechtstypische Gefährdungslage aus. Art. 6 I GG stelle jedoch keine typische Gefährdungslage in Bezug auf juristische Personen dar. Als Argument dafür, dass ein persönliches Substrat nicht notwendig sei, wird die in Art. 19 III GG normierte eigenständige Grundrechtsberechtigung der juristischen Personen angeführt. Diese seien danach für sich genommen grundrechtsberechtigt unabhängig von dahinterstehenden natürlichen Personen. Sei eine juristische Person wie ein Mensch von einer bestimmten Maßnahmen betroffen, könne sie sich auf das betreffende Grundrecht berufen, ohne dass ein persönliches Substrat gefordert werden müsse. Beispiel 2: Ladenschlussgesetz. Danach kann auch eine juristische Person nicht solange geöffnet haben, wie sie möchte. Hier kommen beide Ansichten zu dem Ergebnis, dass Art. 19 III im Hinblick auf Art. 12 I GG greift. Zum einen stecken hinter der juristischen Person natürliche Personen, die ihrerseits gerne arbeiten wollen. Zum anderen kann sich die juristische Person nicht betätigen, wie es Menschen tun könnten, sodass eine grundrechtstypische Gefährdungslage vorliegt, die vergleichbar ist mit der Gefährdungslage bei natürlichen Personen.

 

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