Problem - Außertatbestandliche Zielerreichung (Denkzettelfälle)

Problem – Außertatbestandliche Zielerreichung (Denkzettelfälle)

Die außertatbestandliche Zielerreichung wird auch als sogenannter Denkzettelfall umschrieben. Die außertatbestandliche Zielerreichung ist im Rahmen des unbeendeten Versuchs zu problematisieren. Beispiel: Der A möchte dem B einen Denkzettel verpassen. Er nimmt ein langes Messer und sticht mit bedingtem Tötungsvorsatz in den Bauch seines Opfers. Nachdem er zugestochen hat, geht er davon aus, dass der B dies überleben wird, wenn er aufhört zu handeln und lässt freiwillig von dem B ab. Es stellt sich die Frage, ob er damit wirksam zurückgetreten ist. Folglich wird § 24 I StGB geprüft. Der Versuch ist nicht fehlgeschlagen. Zudem handelt es sich um einen unbeendeten Versuch, denn der Täter geht davon aus, er habe zur Tatbestandsverwirklichung noch nicht alles Erforderliche getan. Ferner muss er auch die weitere Ausführung der Tat aufgegeben haben. Fraglich ist, ob die außertatbestandliche Zielerreichung ein solches Aufgeben der weiteren Tatausführung ausschließt.

I. Eine Ansicht

Eine Ansicht vertritt, dass die außertatbestandliche Zielerreichung ein freiwilliges Aufgeben der Tat verhindert. Dies wird mit der Ratio der Norm begründet. Schließlich verdiene der Täter den Rücktritt gar nicht, denn er habe alles erreicht, was er erreichen wollte, nämlich dem Opfer einen Denkzettel zu verpassen. § 24 StGB diene jedoch gerade dazu, dem Täter eine Brücke zur Legalität zu schlagen. Diese Ansicht käme mithin im obigen Fall zu einer Bestrafung wegen versuchten Totschlags.

II. Andere Ansicht (h.M.)

Die herrschende Meinung löst die außertatbestandliche Zielerreichung hingegen anders. Sie bejaht die Voraussetzungen des Rücktritts unter Verweis auf den Wortlaut der Norm, denn mit dem Aufgeben der Tat könne nur der zu prüfende Straftatbestand gemeint sein. Außerdem würde andernfalls der Absichtstäter gegenüber dem Täter, welcher eine außertatbestandliche Zielerreichung im Sinn hat und nur mit bedingtem Vorsatz handle, privilegiert, da ersterer zurücktreten könne, letzterem ein solches Rücktrittsrecht jedoch verwehrt werde. Eine solche Schlechterstellung in Fällen, in welchen der Täter einen Denkzettel verpassen wolle, also eine außertatbestandliche Zielerreichung erfolge, sei unbillig.

 

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