Problem - Anweisungsfälle

Problem - Anweisungsfälle

Im Rahmen der Nichtleistungskondiktion gemäß § 812 I 1 2. Fall BGB kann sich das Problem der Anweisungsfälle stellen. Beispiel: A hat bei B ein Girokonto. A kauft bei C ein Auto und zahlt mit einem Scheck. Dann sperrt A gegenüber B den Scheck. C weiß nichts davon und geht mit dem Scheck zu B, die den Betrag auszahlt. Der Sachverhalt fliegt auf und B möchte von C das Geld zurück. Hier stellt sich die Frage, wie derartige Anweisungsfälle zu behandeln sind.

A. § 812 I 1 1. Fall BGB

B könnte gegen C zunächst einen Anspruch auf Rückerstattung des gezahlten Betrags gemäß § 812 I 1 1. Fall BGB haben. C hat Besitz und Eigentum an den Geldscheinen erlangt. Dies müsste jedoch durch Leistung von B an C geschehen sein. Leistung ist die bewusste und bezweckte Mehrung fremden Vermögens zur Erfüllung einer Verbindlichkeit. Doch weder aus Sicht der B, noch aus Sicht des C stellt sich die Zuwendung der B als deren Leistung an C dar. Aus Sicht der B stellt sich das als Leistung der B an A dar. Aus Sicht des C würde höchstens eine Leistung des A an C unter Zuhilfenahme der B vorliegen. Solche Anweisungsfälle führen mithin dazu, dass die Leistungskondiktion in dem Verhältnis zwischen Bank und Empfänger nicht durchgeht.

B. § 812 I 1 2. Fall BGB

Es könnte jedoch ein Anspruch aus § 812 I 1 2. Fall BGB in Betracht kommen.

I. Etwas erlangt

Hier hat C wiederum das Eigentum und den Besitz an den Geldscheinen erlangt.

II. In sonstiger Weise

Dies müsste aber auch in sonstiger Weise geschehen sein, also nicht durch Leistung und insbesondere durch niemandes Leistung.

1. B an C

Wie oben bereits geprüft, liegt keine Leistung der B an C vor.

2. A an C

Es könnte jedoch eine Leistung des A an C gegeben sein. Hier taucht das Problem der Anweisungsfälle auf. Im Rahmen der Anweisungsfälle stellt sich aus der maßgeblichen Sicht des Empfängers die Frage, ob hier möglicherweise vorrangig A an C geleistet hat. Liegen Anweisungsfälle vor, ist dies anhand zweier Kriterien zu bestimmen.

a) Zurechenbarer Rechtsschein

Im Rahmen der Anweisungsfälle ist zunächst zu erörtern, ob ein zurechenbarer Rechtsschein einer wirksamen Anweisung gesetzt wurde. Hier hat A einen Scheck ausgestellt und setzt damit den Rechtsschein einer wirksamen Anweisung, Dies ist ihm auch zuzurechnen, da er absichtlich den Scheck in den Verkehr gebracht hat. Dass er später den Scheck gesperrt hat, ändert an der Setzung dieses Rechtsscheinstatbestandes nichts. Aus Sicht des Rechtsverkehrs liegt somit ein zurechenbarer Rechtsschein einer wirksamen Anweisung vor.

b) Gutgläubigkeit des Empfängers

Weiterhin verlangen Anweisungsfälle eine Prüfung der Gutgläubigkeit des Empfängers. Hier war C auch gutgläubig, denn er wusste nicht von der Sperrung des Schecks. Die Zahlung B an C stellt sich aus Sicht des arglosen C mithin so dar, als habe A unter Zuhilfenahme der Zahlstelle B an ihn geleistet. Daher ist C wertungsmäßig zu schützen. Folglich ist eine vorrangige Leistungsbeziehung A an C gegeben, sodass die Nichtleistungskondiktion im Verhältnis B und C gesperrt ist. Allerdings sind Anweisungsfälle dieser Art anders zu bewerten, wenn der Empfänger bösgläubig ist. Wäre C bösgläubig gewesen und  hätte gewusst, dass A den Scheck gesperrt hatte, wäre er nicht schützenswert. Weiterhin sind solche Anweisungsfälle anders zu beurteilen, bei denen kein zurechenbarer Rechtsschein einer wirksamen Anweisung vorliegt, weil der Scheck beispielsweise nicht unterschrieben ist.

III. Ergebnis

Vorliegend hat B jedoch aufgrund der gegebenen Kriterien keinen Anspruch auf Herausgabe der Geldscheine aus § 812 I 1 2. Fall BGB. Dies bedeutet jedoch nicht, dass im Rahmen der Anweisungsfälle gar nichts heraus verlangt werden kann. Solche Anweisungsfälle wie der Vorliegende führen dazu, dass B gegen A und A gegen C kondizieren kann. Dies ist auch der Sinn des Bereicherungsrechts, und zwar dass nur in der jeweiligen Leistungsbeziehung kondiziert wird. Letztlich hat sich jeder seinen Vertragspartner ausgesucht, im Guten wie im Schlechten.

 

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