Ohne Arbeit kein Lohn

Aufbau der Prüfung - Ohne Arbeit kein Lohn

Im Arbeitsrecht gilt der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“. Bei dem Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ geht es um eine konsequente Anwendung des Unmöglichkeitsgrundsatzes. Beispiel: A kommt zu spät zur Arbeit. Fraglich ist, ob A die Arbeit nachholen muss und ob er für die Zeit, in der er nicht gearbeitet hat, den Lohn von B, seinem Arbeitgeber, erhält.

I. Arbeitgeber gegen Arbeitnehmer auf Arbeitsleistung, § 611a I 1 BGB

Zunächst könnte B gegen A einen Anspruch auf Nachholung der versäumten Arbeit haben. Die Anspruchsgrundlage ist § 611a I 1 BGB.

1. Anspruch entstanden

Vorliegend haben sich A und B wirksam mit dem Inhalt eines Arbeitsvertrags geeinigt, sodass der Anspruch auf Arbeitsleistung entstanden ist.

2. Anspruch nicht erloschen

Dieser Anspruch könnte jedoch untergegangen sein. Als Erlöschensgrund für den Anspruch auf Erbringung der Arbeitsleistung kommt Unmöglichkeit in Betracht, vgl. § 275 I BGB. Die Arbeitsleistung ist ein absolutes Fixgeschäft. Mit Verstreichen der Arbeitszeit tritt Unmöglichkeit ein, denn das deutsche Recht sieht das „Nachsitzen“ des Arbeitnehmers nicht vor. B hat gegen A mithin keinen Anspruch auf Nachholung der versäumten Arbeitszeit.

II. Arbeitnehmer gegen Arbeitgeber auf Arbeitslohn, § 611a II BGB

A könnte jedoch einen Anspruch gegen B auf Zahlung des Arbeitslohnes haben. Die Anspruchsgrundlage ist § 611a II BGB.

1. Anspruch entstanden

Wie oben bereits erwähnt, liegt eine wirksame Einigung vor, sodass der Anspruch entstanden ist.

2. Anspruch nicht erloschen

Allerdings könnte der Gegenleistungsanspruch nach § 326 I 1 BGB erloschen sein. Wenn die Leistung wegen § 275 BGB nicht mehr erbracht werden kann, muss auch die Gegenleistung nicht mehr erbracht werden. Dafür müssten die Voraussetzungen des § 326 I 1 BGB vorliegen.

a) Gegenseitiger Vertrag

Vorliegend ist der Arbeitsvertrag ein gegenseitiger Vertrag.

b) Unmöglichkeit, § 275 I BGB

Weiterhin ist A die Erbringung der Leistung nach § 275 I BGB wegen des Fixgeschäftcharakters der Arbeitsleistung unmöglich geworden. Mithin hat B gegen A grundsätzlich keinen Anspruch auf Zahlung des Lohnes für die versäumte Arbeitszeit. Dies führt zu dem Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“.

c) Keine Ausnahme

Von dem Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ gibt es jedoch Ausnahmen. Eine Ausnahme von dem Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ ist § 326 II 1 1. Fall BGB. Danach schuldet der Arbeitgeber den Lohn für die versäumte Zeit, wenn er die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung selbst zu vertreten hat. Gleiches gilt bei Annahmeverzug nach § 615 S. 1 BGB. Beispiel: Der Arbeitgeber kommt selbst zu spät, sodass der Arbeitnehmer nicht früher mit der Arbeit beginnen kann. Ferner gilt der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ nach der Lehre vom Betriebsrisiko auch dann nicht, wenn Umstände, die aus der Sphäre des Arbeitgebers stammen, die Erbringung der Arbeitsleistung verhindern, vgl. § 615 S. 3 BGB. Beispiel: Computerausfall. § 616 BGB gilt als weitere Ausnahme zu der Regel „Ohne Arbeit kein Lohn“ für die vorübergehende Arbeitsverhinderung. Beispiel: Heirat. Darüber hinaus regeln die §§ 3 ff. Entgeltfortzahlungsgesetz die Lohnzahlung im Krankheitsfall. Auch der Anspruch auf bezahlten Urlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz stellt eine Ausnahme zu der Regel „Ohne Arbeit kein Lohn“ dar. Zuletzt ist eine Lohnzahlung auch ohne Arbeitsleistung nach § 11 Mutterschutzgesetz und nach § 37 II Betriebsverfassungsgesetz für die Tätigkeit des Betriebsrates erforderlich. Greift keine dieser Ausnahmen, bleibt es bei dem Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“.

 

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