Freies Mandat, Art. 38 I 2 GG

Aufbau der Prüfung - Freies Mandat, Art. 38 I 2 GG

Das freie Mandat ist in Art. 38 I 2 GG geregelt. Immer wenn es um die Rechtsstellung des Abgeordneten geht und nicht ausnahmsweise die Rechtsposition ausdrücklich anderswo geregelt ist, kommt man auf das freie Mandat zurück. Nach Art. 38 I 2 GG ist der Abgeordnete an Aufträge und Weisungen nicht gebunden, sondern nur seinem Gewissen unterworfen. Beispiel: A ist Abgeordneter im Bundestag und möchte seinen Redebeitrag leisten. Nach einer gewissen Zeit entzieht der Bundestagspräsident dem A das Wort, da dieser zu lange geredet hat. A fühlt sich in seinem freien Mandat aus Art. 38 I 2 GG verletzt. Das freie Mandat prüft man in drei Schritten.

I. Schutzbereich

Zunächst muss der Schutzbereich eröffnet sein.

1. Persönlich

In persönlicher Hinsicht können sich nur Abgeordnete des Bundestages auf das freie Mandat berufen. Negativbeispiel: Mitglieder des Bundesrates.

2. Sachlich

In sachlicher Hinsicht schützt Art. 38 I 2 GG das freie Mandat. Beispiele: Rederecht, Antragsrecht, Stimmrecht. Es gehört zur vornehmsten Aufgabe des Abgeordneten, bei der Gesetzgebung seinen Redebeitrag zu leisten oder Gesetzesvorschläge nach Art. 76 GG in den Bundestag einzubringen.

II. Eingriff

Weiterhin muss ein Eingriff in das freie Mandat vorliegen. Dies ist jede Verkürzung des Schutzbereichs. Die Entziehung des Rederechts stellt eine Verkürzung des Schutzbereichs und somit einen Eingriff dar.

III. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

Ein Eingriff in das freie Mandat kann jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein. Das freie Mandat des Art. 38 I 2 GG enthält keine ausdrücklichen Schranken. Es gelten mithin die verfassungsimmanenten Schranken, also diejenigen, die im Grundgesetz angelegt sind. An dieser Stelle ist das kollidierende Verfassungsrecht zu prüfen. Hat A seine Redezeit überdehnt, könnte die Funktionsfähigkeit des Bundestags betroffen sein. Denn wenn jeder Abgeordnete seine Redezeit überziehen würde, wäre der Bundestag nicht mehr funktionsfähig. Zudem könnte das freie Mandat anderer Abgeordneter tangiert sein, die auch ihr Rederecht wahrnehmen wollen. Hier ist anhand der Umstände des Einzelfalls abzuwägen.
Ein Abgeordneter kann sich, sofern er in seiner Funktion als Abgeordneter tätig wird, nicht auf Grundrechte berufen. Beispiel: Wie oben. A beruft sich jedoch auf die Meinungsfreiheit nach Art. 5 I 1 GG. Dies geht nicht. Denn A ist Abgeordneter und damit Teil des Staates. A ist somit grundrechtsverpflichtet, nicht grundrechtsberechtigt.

 

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