Besonderheiten bei der Gesetzesverfassungsbeschwerde

Überblick - Besonderheiten bei der Gesetzesverfassungsbeschwerde

Im Rahmen der Gesetzesverfassungsbeschwerde ergeben sich Besonderheiten. Bei der Gesetzesverfassungsbeschwerde gibt es zwei Besonderheiten.

I. Unmittelbar

Zu den Besonderheiten bei der Gesetzesverfassungsbeschwerde gehört zunächst die Unmittelbarkeit. Die Beschwerdebefugnis setzt voraus, dass der Beschwerdeführer selbst, unmittelbar und gegenwärtig betroffen ist. Unmittelbar heißt, dass kein weiterer Vollzugsakt erforderlich ist. Im Rahmen der Gesetzesverfassungsbeschwerde gehört es zu den Besonderheiten, dass das Gesetz self-executing sein muss. Voraussetzungen und Rechtsfolge sind somit dem Gesetz selbst zu entnehmen. Beispiel 1: Kaugummikau- und Ausspuckgesetz. § 1 besagt, dass das Kaugummikauen und -ausspucken in der Öffentlichkeit verboten ist. Beispiel 2: § 1 „Die zuständigen Behörden werden ermächtigt, die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen und Gefahren abzuwenden, die von gekautem und ausgespucktem Kaugummi ausgehen.“ Das erste Beispiel stellt ein Gesetz dar, dass self-executing ist. Hier greifen die Besonderheiten der Gesetzesverfassungsbeschwerde dahingehend, dass die Unmittelbarkeit gegeben ist. Im zweiten Beispiel enthält das Gesetz lediglich eine Ermächtigung der Behörde, ein Verbot im Einzelfall zu erlassen. Hier wird man nicht durch das Gesetz selbst in seinen Grundrechten verletzt, sondern allenfalls durch den möglicherweise zukünftig ergehenden Einzelakt.

II. Subsidiarität

Weiterhin ist die Subsidiarität Teil der Besonderheiten der Gesetzesverfassungsbeschwerde. Im ersten Beispiel gibt es keinen erschöpfungsfähigen Rechtsweg. Man könnte daher auf die Idee kommen, sogleich beim Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerde zu erheben. Dies würde jedoch zu einer Schwemme von Verfassungsbeschwerden führen. Daher hat das Bundesverfassungsgericht einen Selbstschutzmechanismus entwickelt, der zu den Besonderheiten der Gesetzesverfassungsbeschwerde gehört. Danach soll zunächst ein Gesetzesverstoß vorgenommen werden, sofern dies zumutbar ist. Beispiel: A könnte in der Öffentlichkeit Kaugummi kauen und ausspucken. Dann würde er Adressat eines Einzelaktes, beispielsweise einer Aufforderung, das Kaugummi aufzuheben. Sodann könnte A gegen diese Aufforderung vorgehen, beispielsweise im Wege der Anfechtungsklage. Dort könnte A die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes rügen. Das Gericht würde dann, sofern es der Ansicht des A zustimmt, das Verfahren aussetzen und die Frage der Verfassungsgemäßheit des Gesetzes dem Bundesverfassungsgericht im Wege der konkreten Normenkontrolle nach Art. 100 GG vorlegen. Teilt der Richter die Auffassung des A nicht, kann er durch alle Instanzen klagen und dann Verfassungsbeschwerde erheben. Teil dieser Besonderheiten der Gesetzesverfassungsbeschwerde ist es jedoch auch, dass eine Zumutbarkeit nicht gegeben ist, wenn das Gesetz den Verstoß mit Strafe oder Bußgeld belegt. Beispiel: § 2 Wer entgegen § 1 in der Öffentlichkeit Kaugummi kaut und/oder ausspuckt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft. Müsste A hiergegen verstoßen und läge er mit seiner Ansicht falsch, würde er schlimmstenfalls ein Jahr für seine Überzeugung im Gefängnis sitzen. Nach diesen Besonderheiten der Gesetzesverfassungsbeschwerde könnte A in solchen Fällen direkt beim Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerde erheben.

 

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