Teilnahme an Nazi-Überfall: Prozess gegen Referendar

Teilnahme an Nazi-Überfall: Prozess gegen Referendar

Ist seine juristische Ausbildung beendet?

Ein junger Mann wurde wegen schweren Landfriedensbruchs zu einem Jahre und vier Monaten auf Bewährung verurteilt. Seine juristische Karriere könnte damit beendet sein.

 

Worum geht es?

Brian E. ist aktuell als Referendar dem LG Chemnitz zugeordnet. Allerdings befindet er sich selbst die Tage auch vor dem LG Leipzig. Dort allerdings nicht als Referendar. Vor dem Leipziger Gericht findet sein Berufungsverfahren statt, das womöglich auch über seine Karriere entscheiden wird.

Im Januar 2016 soll der Referendar mit weiteren 250 Personen aus der rechtsextremen Szene den Leipziger Stadtteil Connewitz überfallen haben. Der Stadtteil gilt als politisch links eingestellt. Die angreifende Gruppe war vermummt und bewaffnet, ging beliebig auf Geschäfte, Kneipen und Autos los. Passanten wurden angegriffen und bedroht, insgesamt entstand ein Sachschaden von über 100.000 Euro. Gegen E. wurde ein Strafverfahren wegen schweren Landfriedensbruchs (§§ 125a, 125 StGB) eingeleitet. 

Dieses Verfahren lief daher bereits, als er 2018 zu seinem Referendariat durch das OLG Dresden zugelassen wurde. Der zuständigen Stelle war bekannt, dass gegen E. ein Strafverfahren lief. Dennoch entschied man sich dazu, ihn in den Vorbereitungsdienst aufzunehmen, allerdings unter Auflagen. So darf er beispielsweise nicht bei der Staatsanwaltschaft eingesetzt werden oder Aufgaben im Bereich des Staatsschutzes erledigen. 

Im November 2018 kam es dann zur Verurteilung. Das LG Leipzig verhängte gegen E. eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung. Gegen dieses Urteil legte er Berufung ein, was ihn vorerst „rettete“. Denn wäre das Urteil rechtskräftig geworden, hätte das wohlmöglich das Ende seiner juristischen Karriere bedeutet. Umso angespannter wird E. wohl die vergangenen Tage sein: Im aktuell stattfindenden Berufungsverfahren könnte das Urteil rechtskräftig werden.

Wie ist die Rechtslage?

Die SächsJAPO (das ist die sächsische Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen) regelt in § 34 SächsJAPO die Aufnahme in den Vorbereitungsdienst. Im vierten Absatz wird festgelegt, wer nicht in den Dienst aufgenommen werden darf.

 § 34 IV SächsJAPO:

Die Aufnahme in den Vorbereitungsdienst ist zu versagen, solange gegen den Bewerber eine Freiheitsentziehung vollzogen wird. Sie ist in der Regel zu versagen, wenn der Bewerber wegen einer vorsätzlich begangenen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr rechtskräftig verurteilt und die Strafe noch nicht getilgt worden ist.

Im darauffolgenden Absatz heißt es:

 § 34 V SächsJAPO:

Die Aufnahme in den Vorbereitungsdienst kann versagt werden:

1. Solange ein Ermittlungsverfahren oder ein Strafverfahren wegen des Verdachts einer vorsätzlich begangenen Tat anhängig ist, das zu einer Entscheidung nach Absatz 4 Satz 2 führen kann, […].

Damit ist die Rechtslage klar: Mit Eintritt der Rechtskraft wird mit aller Wahrscheinlichkeit nach § 34 IV SächsJAPO das Referendariat für E. ein Ende finden. Dass er trotz laufenden Strafverfahrens überhaupt in den Dienst aufgenommen wurde liegt an der Abwägungsentscheidung, die aus § 34 V SächsJAPO resultiert. Es ist eine Ermessensentscheidung, die das OLG Dresden, das für die Ausbildung von E zuständig ist, bei Einstellung vorzunehmen hatte. In solchen Konstellationen ist die Tatsache gewichtig, dass die Behörde das Ausbildungsmonopol innehat, wenn man die Karriere als Volljurist anstrebt. Deshalb muss die Berufsfreiheit nach Art. 12 I GG zugunsten des Referendars berücksichtigt werden. Die Zulassung erfolgte dann aus den Gesichtspunkten heraus, dass damals das Verfahren noch nicht abgeschlossen war. Das OLG wies auf die Unschuldsvermutung hin. 

 

Nebenschauplatz: Österreich

Daneben hat der junge Mann auch in Österreich (rechtliche) Probleme. Ihm droht in unserem Nachbarland eine Anklage aufgrund seiner Tätowierung. Gegen ihn werde wegen des Verdachts der nationalsozialistischen Wiederbetätigung ermittelt, heißt es seitens der Staatsanwaltschaft im oberösterreichischen Wels. Hintergrund ist ein Foto bei Facebook, welches im Zuständigkeitsbereich der österreichischen Staatsanwaltschaft entstanden ist. Auf dem Bild ist der Kampfsportler nach einem Kampf mit freiem Oberkörper und Siegespose zu sehen. Auf seiner Brust ist eine breite Tätowierung, in der anscheinend eine sog. „schwarze Sonne“ als auch Hakenkreuze verarbeitet sein sollen. Bei der schwarzen Sonne handelt es sich um bekannte Erkennungssymbolik der rechtsextremen Szene – sie besteht aus ringförmig angeordneten Sieg-Runen, das Zeichen der SS. Spannend: Der Präsident des OLG Dresden selbst zeigte den Referendar deswegen an, die Staatsanwaltschaft Leipzig gab das Verfahren nach Österreich ab.

Schaue Dir hier die prüfungsrelevanten Lerneinheiten zu diesem Thema an:

 - [**Berufsfreiheit, Art. 12 I GG**](https://jura-online.de/lernen/berufsfreiheit-art-12-i-gg/298/excursus?utm_campaign=Wusstest_Du_Rechtsreferendar_nahm_an_Nazi_Ueberfall_teil_Ausschluss_aus_Ref)

 - [**Berufung**](https://jura-online.de/lernen/berufung-und-revision/1317/excursus?utm_campaign=Wusstest_Du_Rechtsreferendar_nahm_an_Nazi_Ueberfall_teil_Ausschluss_aus_Ref)