BGH zu den Anforderungen von § 224 I Nr. 4 StGB

A. Sachverhalt (leicht abgewandelt)

A, E und H beschlossen in der Tatnacht, nachdem sie an einem Clubtreffen des Motorradclubs C. MC teilgenommen hatten, gemeinsam mit zwei Bekannten eine Kneipentour durch T zu unternehmen. Sie tranken dabei Alkohol. Gegen 5:30 Uhr morgens begegneten sie M, K und V, die von einer Weihnachtsfeier kamen, dort ebenfalls Alkohol getrunken hatten und leicht angetrunken waren. Eine Person aus der Gruppe um A, E und H hob einen Gullideckel aus seiner Fassung und legte ihn mitten auf die Straße. Dies sah M, war darüber verärgert, äußerte dies laut und begann, den Deckel wieder zurückzuschieben. Darauf entwickelte sich eine zunächst verbale Auseinandersetzung zwischen M und H und E, die kurz darauf begannen, auf M, K und V einzuschlagen und davon auch nicht abließen, als sie zu Boden gegangen waren. E schlug M unter anderem mit der Faust ins Gesicht.

Strafbarkeit des E? Strafanträge sind gestellt.  

B. Die Entscheidung des BGH (Beschl. v. 25.7.2017 – 3 StR 93/17)

 

I. Strafbarkeit wegen Körperverletzung gemäß § 223 StGB

Indem E auf M, K und V einschlug und M zudem mit der Faust ins Gesicht schlug, hat E sich wegen vorsätzlicher Körperverletzung gemäß § 223 I StGB strafbar gemacht. Der nach § 230 StGB erforderliche Strafantrag liegt vor.  

II. Strafbarkeit wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 I Nr. 4 StGB

Eine gemeinschaftlich begangene gefährliche Körperverletzung nach § 224 I Nr. 4 StGB sei durch die Feststellungen jedoch nicht belegt. Eine solche sei nur gegeben, wenn Täter und Beteiligter bei Begehung der Körperverletzung einverständlich zusammenwirken, wobei es bereits genüge, wenn ein am Tatort anwesender Tatgenosse die Wirkung der Körperverletzungshandlung des Täters bewusst in einer Weise verstärke, welche die Lage des Verletzten zu verschlechtern geeignet sei. Daran könne es indes fehlen, wenn sich mehrere Opfer jeweils nur einem Angreifer ausgesetzt sehen, ohne dass die Positionen ausgetauscht werden:

„Denn in einem solchen Fall stehen dem jeweiligen Opfer die Beteiligten gerade nicht gemeinschaftlich gegenüber. Damit fehlt es an dem Grund für die Strafschärfung des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB, der in der erhöhten abstrakten Gefährlichkeit der Tat liegt, weil einem Geschädigten mehrere Angreifer körperlich gegenüberstehen und er deshalb in seiner Verteidigungsmöglichkeit tatsächlich oder vermeintlich eingeschränkt ist (BGH, Beschluss vom 30. Juni 2015 - 3 StR 171/15, BGHR StGB § 224 Abs. 1 Nr. 4 Gemeinschaftlich 5 mwN). Da die Strafkammer - bis auf einen Faustschlag des Angeklagten E gegen den Zeugen V - nicht feststellen konnte, wer von den Angeklagten welchen Geschädigten schlug, bleibt offen, ob die Angeklagten bei der Verletzung der Geschädigten in dem für die Verwirklichung des Qualifikationstatbestands erforderlichen Sinn zusammenwirkten.“

 

C. Fazit

Eine kleine, aber feine Entscheidung, die lehrt, dass die Voraussetzungen des § 224 I Nr. 4 StGB immer sorgfältig geprüft und nicht vorschnell bejaht werden dürfen.