BGH zur Klarnamenpflicht bei Facebook

BGH zur Klarnamenpflicht bei Facebook

Muss Facebook Pseudonyme zulassen?

Klarnamenpflicht bei Facebook? Der BGH verneinte die Frage und erklärte alte AGB des Unternehmens für unzulässig. Die Entscheidung aus Karlsruhe betrifft allerdings nur Altfälle – die aktuelle Rechtslage bleibt weiterhin unklar.

Worum geht es?

Facebook müsse es dulden, dass die Kläger in dem sozialen Netzwerk unter Pseudonymen aktiv sind – so lautet eine aktuelle Entscheidung des BGH. Die entsprechenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die dies untersagten, seien unzulässig. Die Urteile aus Karlsruhe betreffen allerdings nur Altfälle, die aktuelle Rechtslage bleibt weiterhin ungeklärt.

BGH erlaubt Pseudonyme

Eine Klarnamenpflicht im Internet ist ein stark diskutiertes Thema: Ihre Befürworter wollen mit ihr Hass und Hetze im Netz verhindern, ihre Gegner wollen die Anonymität schützen, gerade die von möglichen Opfern. In einer aktuellen Entscheidung des BGH ging es um eine Klarnamenpflicht bei Facebook.

Durch mehrere Instanzen klagten ein Mann und eine Frau, die von Facebook im Jahr 2018 gesperrt wurden. Das Unternehmen berief sich darauf, dass die beiden in dem sozialen Netzwerk Fantasienamen – also Pseudonyme - verwendet haben und dadurch gegen die Nutzungsbedingungen verstießen. Die Nutzungsbedingungen von April 2018 sahen unter anderem vor, dass Kontoinhaber ihren Klarnamen auf Facebook verwenden müssen.

Vor dem OLG München hatte Facebook noch Erfolg, in Karlsruhe hingegen nicht: Der BGH entschied die beiden Fälle nämlich nach alter Rechtslage und erlaubte die Pseudonyme der klagenden Nutzer. Entscheidend war die damals gültige Norm § 13 VI 1 Telemediengesetz (TMG), die allerdings nur bis zum 30. November 2021 galt. Nach § 13 VI 1 TMG mussten Anbieter die Nutzung ihrer Dienste anonym oder unter Pseudonym ermöglichen, soweit dies technisch möglich und zumutbar war.

Der BGH entschied nun, dass die Nutzer durch die AGB unangemessen benachteiligt würden. Zwar könne Facebook verlangen, dass bei der Registrierung die wahren Namen mitgeteilt werden. Es sei aber nicht notwendig gewesen, auch öffentlich unter dem echten Namen aufzutreten. Kai Hamdorf, Presserichter des BGH, erklärte in einem Interview:

Der BGH hat heute gesagt, dass es den Anbietern nicht zumutbar wäre, den wahren Namen nicht zu kennen im Innenverhältnis zu ihren jeweiligen Nutzern. Sehr wohl ist es […] aber zumutbar, im Außenverhältnis die Verwendung eines Pseudonyms zu ermöglichen.

Sprich: Nutzer müssen ihren wahren Namen zwar gegenüber Facebook angeben. Doch die Nutzung des sozialen Netzwerks könne unter Pseudonym erfolgen.

Aktuelle Rechtslage: Unklar

Die Entscheidung aus Karlsruhe gilt aber nur für ältere Verträge. Nur die Nutzer:innen, die schon vor dem 25. Mai 2018 angemeldet waren, dürften auch weiterhin anonym bleiben. Wie es für die restlichen Nutzer:innen in puncto Klarnamenpflicht aussieht, ist unklar. Denn: Im Mai 2018 ist die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) der EU in Kraft getreten. In ihr ist nichts zu einer Klarnamenpflicht oder zur Verwendung von Pseudonymen geregelt, sodass die aktuelle Rechtslage umstritten ist. Auf sie sei es in den zu entscheidenden Fällen aber nicht angekommen, da die AGB vor ihrem Inkrafttreten einbezogen worden. 

Prozessbeobachter:innen hätten sich daher ein „obiter dictum“ des BGH gewünscht. „Obiter ditcum“ – wörtlich übersetzt heißt dies zwar nur „nebenbei Gesagtes“, doch ist es im Kern vielmehr als das. Es ist die Möglichkeit des BGH sich zu Rechtsfragen zu äußern, die nicht Gegenstand des Verfahrens sind. Etwa hier die Frage, wie eine Klarnamenpflicht unter Anwendung der DSGVO aussehen könnte. Sie muss aber wohl noch offenbleiben.

HateAid begrüßt Urteil

Facebooks-Mutterkonzern Meta teilte mit, dass die Entscheidung des BGH zur Kenntnis genommen werde und betonte, dass sie auf einer überholten Rechtslage basiere. Die Organisation HateAid begrüßte das Urteil ausdrücklich und bezeichnete es als „gutes Zeichen“. HateAid, die Opfer von digitale Gewalt unterstützt, lehnt eine Klarnamenpflicht ab und betont, dass ansonsten Aktivist:innen und Angehörige marginalisierter Gruppen gefährdet wären.

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